In Nordchina ist die Kunst der Herstellung von Teigfiguren sehr
häufig verbreitet. Die Motivauswahl ist breitgefächert und reicht
von Blumen, Vögeln, Menschen, Fischen, Obst, Insekten bishin zu
Tieren. Diese Teigprodukte findet man in allen Teilen Chinas in
verschiedenen Formen, trotzdem bestehen zwischen ihnen
Ähnlichkeiten. Zum Beispiel werden in den Provinzen Shaanxi, Shanxi
und Gansu Figuren in Form eines Tigers hergestellt, die Glück
verheißen sollen. Der Besitz dieser Tiger aus Teig vertreibt böse
Geister, bringt Frieden und läßt beim Arbeiten Freude aufkommen.
Wie die anderen volkstümlichen Artikel des Kunstgewerbes stehen
auch die Teigprodukte in enger Beziehung mit dem Leben und der
Fortpflanzung der Menschen. Gute Beispiele dafür sind die
Feierlichkeit zum ersten Geburtstag eines Kindes oder die
Vollendung des ersten Lebensmonats eines Säuglings. Unter allen
Geschenken war früher das Geschenk des Onkels und der Großmutter
mütterlicherseits am wichtigsten, weil sie beide Vertreter der
mütterlichen Seite sind. Normalerweise verschenkten sie einen
künstlerisch gestalteten Teigtiger. Die Augen des Tigers sind in
Form der Sonne, die Ohren in Form eines Vogels und die Nase in Form
eines Fisches gestaltet werden. Der Schwanz ist als großer Fisch
geformt werden, auf dem zahlreiche Fische, Vögel und Blumen sitzen
und als Symbol der Ahnen der Menschheit sind ein Mann und eine Frau
abgebildet.
Die Teigfiguren werden meistens zwei bis drei Tage vor der
Feierlichkeit präperiert. Alles, was zur Herstellung benötigt wird,
sollte vor dem Beginn bereitgestellt werden. Da die Herstellung
verschiedenster Teigwaren viel Zeit in Anspruch nimmt, werden alle
geschickten und flinken Frauen eines Dorfes zu dieser Tätigkeit
verpflichtet. Zu dem vereinbarten Zeitpunkt treffen sie sich,
bringen als Werkzeug Messer, Scheren und Kämme mit und formen den
Teig zu kleinen Kunstwerken. Als Verzierungen werden gerne
chinesische Datteln und kleine grüne oder rote Bohnenarten
verwendet. Bei der Arbeit wird viel gelacht und der neuste Klatsch
verbreitet, ganz nebenbei entstehen viele wunderschöne Figuren.
Das Motiv „rundliches Kind“ ist eine Kreation aus dem Norden der
Provinz Shanxi. Es wird normalerweise am 15. Juli nach dem
traditionellen chinesischen Mondkalender (etwa im August) für die
Opferzeremonie der Ahnen benötigt. Häufig sieht man in den Läden
auch eine Säulingsform mit mehreren Köpfen, die für reichen
Kindersegen sorgen soll.
Die Teigprodukte aus dem Gebiet Chengcheng in der Provinz Shaanxi
fallen besonders durch ihre Farbenprächtigkeit auf. Der große
Kuchen in Form eines Tigers oder eines Phönixes ist ein beliebtes
Geschenk während der Volksfeste, weil es Glück bringen soll.
Die Teigprodukte aus dem Gebiet Langzhuang in der Provinz Shandong
sind ebenfalls farbenfroh und dienen Kindern als Spielzeug oder
werden, weil sie flach sind, als herabhängende Dekoration bei
volkstümlichen Veranstaltungen eingesetzt.
Landesweit bekannt sind die aus Teig geformten Tigerfiguren aus dem
Kreis Hua in der Provinz Shaanxi. Für die Herstellung einer großen
Figur braucht man mindestens 10 bis 15 Kilo Weizenmehl. In alten
Zeiten wurde der Tiger in China als glückverheißender Schutzgott
der Menschheit betrachtet und deshalb sind Artikel mit Tigermotiven
bis heute bei den Chinesen besonders beliebt.