Die Wandmalerei ist eine der ältesten Kunstarten Chinas. Alles, was
an Wände oder Felsen gemalt, geritzt oder gehauen worden ist,
spiegelt das Leben der Chinesen in alten Zeiten wider. Es ist nicht
zu vermessen zu sagen, daß erst, wer sich mit dieser Kunst vertraut
gemacht hat, die Entwicklung der chinesischen Volkskunst wirklich
begreifen kann.
China ist ein Land mit zahlreichen Bildern und Skulpturen, die in
Felsen gehauen oder auf Steinflächen gebannt worden sind. Im
Autonomen Gebiet der Inneren Mongolei, in den Autonomen Gebieten
Ningxia, Xinjiang, Guangxi und in den Provinzen Heilongjiang,
Yunan, Jiangsu sind zahlreiche Ergebnisse dieser Kunst zu finden.
Darunter sind die Wandmalereien am Huashan-Berg in Guangxi und die
am Helan-Gebirge in Ningxia besonders bekannt. Nach eingehender
Forschung der Bilder und Skulpturen erlangten Fachleute die
Erkenntnis, daß das Thema der Fortpflanzung der Menschheit ein
wichtiges Motiv in der Wandmalerei war. Die zahlreichen
Darstellungen unbekleideter Männer und Frauen sowie die deutliche
Herausstellung der Sexualorgane auf den Bildern gelten als Belege
dieser Theorie. Daneben beherrschten Motive der Bereiche wie Jagd
und Feldarbeit die Gestaltung von Wänden und Felsen.
Die Vorgänge in der Natur waren in jenen Zeiten für die meisten
Menschen unerklärlich und mit dem Nimbus der Mystik umgeben.
Deshalb ist es für uns heute oft so schwierig, den Sinn einiger
Motive zu verstehen und richtig zu deuten. Erwiesen ist jedoch, daß
sich bei der Schaffung der Wandmalerei im Laufe der Zeit der
künstlerische Geschmack und Stil gewandelt haben. Auffallend ist,
daß die Ton- und Porzellanwaren, die am Oberlauf des Gelben Flusses
in den Provinzen Gansu und Shaanxi ausgegraben worden sind, mit
ähnlichen Motiven versehen worden sind wie die der Wandmalerei.
Das Thema der Fortpflanzung wurde aber auch bei der Herstellung
anderer Kunsthandwerke wie z.B. beim Flaschenkürbis übernommen.
Dieses Produkt, um das sich unzählige Legenden ranken, wurde in der
Vergangenheit von den Chinesen als Geschirr benutzt. Die Sage, die
aus der Region des heutigen Guangxi stammt, ist die am
bekanntesten: Bei einer Überschwemmung überlebten Fuxi und Nüwa
dank eines Flaschenkürbises, während die anderen Menschen Opfer der
Katastrophe geworden waren. Mit Hilfe des Himmelsgottes heirateten
sie, waren fruchtbar und vermehrten sich. Der Zeugungsfähigkeit
dieser beiden Ahnen der chinesischen Menschheit wird immer wieder
gehuldigt, so auch auf zwei Vasen in Form eines Flaschenkürbises
aus der Provinz Gansu. Auf der einen ist ein Menschengesicht, auf
der anderen ein Drachenkörper abgebildet, dieses entspricht der
Überlieferung, daß die Ahnen der Menschheit ein Menschengesicht auf
einem Schlangenkörper gehabt hätten.