Zhou Ji, Professor und ehemaliger Direktor der Huazhong Universität für Wissenschaft und Technologie, nahm Anfang diesen Jahres das Amt als Bürgermeister von Wuhan, Provinzhauptstadt der zentralchinesischen Provinz Hubei, auf und wird somit zum zweiten Akademiker nach Shanghais ehemaligem Oberbürgermeister Xu Kuangdi, der Bürgermeister einer Großstadt wurde. Während eines Interviews mit china.org.cn berichtete Zhou über Wuhan und seinen Regierungsstil.
China.org.cn: Wie fühlen Sie sich im Amt des Bürgermeisters?
Zhou: Ich denke, dass es für Wuhan eine gute Reklame ist, einen Akademiker zum Bürgermeister zu haben, da dadurch der Respekt der Stadt für Wissen und Können verkörpert wird. Der Titel eines Akademikers ist eine Ehre, der für anerkannte Leistungen auf dem Gebiet der Naturwissenschaften und Ingenieurwissenschaften verliehen wird. Das Amt eines Bürgermeisters ist für mich völlig neues Terrain und ich muss dort von vorne anfangen zu lernen. Als erstes habe ich Aufforstung, Personalentwicklung und Unternehmensentwicklung als drei wesentliche Schwerpunkte meiner Arbeit definiert. Zur Verbesserung der Umwelt wird in Wuhan ein Programm mit dem Namen "Grünes Wuhan" gestartet, in dessen Rahmen die Stadt in fünf bis zehn Jahren durch das Anpflanzen von jährlich acht Millionen Bäumen in eine grüne Stadt verwandelt werden soll. Bezüglich des Bereichs der Personalentwicklung lässt sich sagen, dass es in Wuhan derzeit 300000 Studenten und Hochschulabsolventen gibt. Der Wissenschafts- und Bildungsbereich der Stadt Wuhan liegt auf Platz drei aller Städte in China und stellt somit für Wuhan ein großes Potential dar. Die Unternehmen vor Ort schaffen Marktwettbewerb und Wirtschaftsentwicklung, die für ein ausgezeichnetes Marktwirtschaftssystem unablässig sind.
China.org.cn: Die Küstenstädte verfügen über geografische Vorteile und die westlichen Provinzen kommen in den Genuss der vom Staat verfolgten Strategie einer Entwicklung Westchinas. Welche Entwicklungsmöglichkeiten sehen Sie für Wuhan mit seiner Lage in Zentralchina?
Zhou: Mit Hinblick auf die entwickelten Küstenstädte im Osten und Süden des Landes und die sich entwickelnden Westgebiete sehen sich die Städte im Innern des Landes mit einem gewissen Leistungsdruck konfrontiert. Wuhan, das in Zentralchina liegt, verfügt aber über seine ganz eigenen Vorteile. Im Zuge einer 10-jährigen kontinuierlichen wirtschaftlichen Entwicklung in China kommt die internationale Fertigungsindustrie nach China und verschiebt sich die chinesische Fertigungsindustrie ins Hinterland. Wuhan verfügt über eine solide Industriebasis und somit über das Potential, in China ein hochtechnologisiertes Fertigungszentrum zu werden.
Wuhan hat drei Vorteile zu bieten. Aufgrund seiner verkehrsgünstigen Lage dient Wuhan erstens als "Durchgangspassage zu neun Provinzen" und ist gleichzeitig wirtschaftliches und geografisches Zentrum Zentralchinas. Die Großstädte Beijing, Shanghai, Tianjin, Guangzhou und Xi'an befinden sich alle innerhalb eines Radius von 800 bis 1000 Kilometern. Der zweite Vorteil Wuhans besteht in seinen reichlich vorhandenen Wasserressourcen. Mit zwei Flüssen und ein Hundert Seen besteht 25 Prozent des Stadtgebietes aus Wasser. Die reichlich vorhandenen Süßwasserressourcen bieten Wuhan eine ausgezeichnete Basis für die nachhaltige Entwicklung seiner Wirtschaft und Gesellschaft. Der dritte Vorteil besteht in seinen Industrien. Als Industriestadt mit einer langen Geschichte hat sich Wuhan in den letzten vierzig Jahren einer großen Bauphase gegenübergesehen und somit für die Entwicklung seiner Industrien eine gute Basis geschaffen.
China.org.cn: Welche Maßnahmen wird Wuhans Stadtregierung ergreifen, um den Herausforderungen des WTO-Beitritts, der dieses Jahr sein erstes Jahr feiert, zu begegnen?
Zhou: Ich bin noch immer ein "junger" Staatsdiener, da ich erst seit zwei Jahren für die Regierung arbeite. Diese Arbeit ist ein Prozess des kontinuierlichen Lernens und Ausarbeitens von Strategien, in der Hinsicht, welche Schritte die Stadtregierung als nächstes ergreifen wird und wie den Herausforderungen nach dem WTO-Beitritt begegnet werden kann.
Die Stadtregierung von Wuhan wird außerdem einen Aktionsplan ausarbeiten. Diesbezüglich werden wir zuerst die Einflüsse des WTO-Beitritts auf unsere Regierung bezüglich Wirtschaft und Kultur beurteilen. Im Anschluss daran werden wir entscheiden, welche Maßnahmen wir zur Verbesserung der Regierungsaufgaben ergreifen werden.
Obwohl die Regierung durch die WTO-Bestimmungen in ihrer Handlungsweise festgelegt ist, sind vorwiegend die Unternehmen die vom Wettbewerb betroffenen Organe. Damit diese den Herausforderungen des WTO-Beitritts begegnen können, müssen sie ihre Wettbewerbsfähigkeit verbessern. Wuhan wird umfangreiche Maßnahmen hinsichtlich der Entwicklung der Privatunternehmen, der gemischten Wirtschaft sowie einer Reihe von High-Tech-Unternehmen und Konzerne ergreifen. Zwischenzeitlich wird die Regierung auch eine gute Umgebung für die Entwicklung von Unternehmen schaffen, wie die Verbesserung und Perfektionierung des Rechtssystems, Kreditsystems, des Dienstleistungsbereiches und der Gesellschaft usw. Die Regierung wird des weiteren ein Untersuchungs- und Bewertungssystem aufbauen, mit dem Ziel, für Unternehmen einen umfassenden Service bieten zu können.
China.org.cn: Welche Vorteile hat Wuhan bei der Entwicklung des Hochtechnologiebereichs?
Zhou: Wir müssen zwei wesentliche Probleme der wirtschaftlichen Entwicklung lösen. Das erste Problem besteht in der Transformierung der traditionellen Industriezweige mit Hilfe der Hochtechnologie, das zweite Problem in der Förderung der Industrialisierung der Hochtechnologie.
Wuhan muss seine Vorteile bei der Entwicklung der Hochtechnologie betonen und diese zu Ergebnissen führen. Bezüglich dieses Punktes haben wir als erstes ein Informationszentrum für Photoelektronik am Ostsee namens "Helles Tal" aufgebaut, mit dem Ziel, Wuhans Informationsindustrie der Photoelektronik zu entwickeln. Dieses "Helle Tal", das sich gegenüber anderen ähnlichen Zentren in China hervorhebt, ist einmalig. Die Entwicklung einiger anderer Hochtechnologieindustrien, wie Biotechnologie und moderne Pharmazie, sind im Zuge des Aufbaus dieses Zentrums weiter fortgeschritten.
Zweitens haben wir die Industrie für Elektromobile erfolgreich weiterentwickelt. Diese kann sowohl einer Umweltverschmutzung entgegenwirken als auch Energie sparen. Das Ministerium für Wissenschaft und Technologie und die Regierung Wuhans werden zudem zwei Projekte für unterschiedlich angetriebene Kraftfahrzeuge und Busse starten. In diesem Jahr werden im Stadtgebiet Wuhans zwei öffentliche Buslinien mit 20 unterschiedlich angetriebenen Fahrzeugen in Betrieb genommen.
Zusammengefasst lässt sich sagen, dass die Festsetzung des Schwerpunktes der Industriezweige auf Hochtechnologie, moderne Fertigung, Eisen-Stahl, neue Materialien, Pharmazie, Biotechnologie und Schutz der Umwelt zum Nerv der Wirtschaftsentwicklung Wuhans wird.
China.org.cn: Mittels welchen Plänen möchten Sie als Bürgermeister einer Großstadt mit einer Bevölkerung von über acht Millionen Menschen zur Verbesserung des Lebens Ihrer Bürger beitragen?
Zhou: Ich setze meine Schwerpunkte einerseits auf die wirtschaftliche Entwicklung, andererseits auf die soziale Sicherheit. Wir werden die Entwicklung der arbeitsintensiven Fertigungs- und Dienstleistungsindustrien beschleunigen und die Arbeitslosenrate durch die Schaffung von zusätzlichen Arbeitsplätzen reduzieren. In ein oder zwei Jahren werden wir außerdem für Rentner und Arbeitslose ein ausgezeichnetes soziales Netz aufgebaut haben. Im vergangenen Jahr waren 80000 Bürger Wuhans krankenversichert. Diese Zahl wird sich in diesem Jahr voraussichtlich verdoppelt haben.
(www.china.org.cn/10. April 2002)
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