Das traditionelle Kunsthandwerk in Beijing hat eine lange und
glorreiche Tradition, es gilt als ein Juwel in der Schatzkammer der
chinesischen Kunst. In den letzten Jahren jedoch hat dieses Juwel
aus verschiedenen Gründen an Glanz verloren: die Kunsthandwerker
klagen über Nachwuchsmangel, und die Handwerkskunst in einigen
künstlerischen Bereichen ist vom Aussterben bedroht. Um diese
Entwicklung aufzuhalten und das hervorragende Kulturerbe Beijings
zu retten, hat die Stadtregierung von Beijing in Zusammenarbeit mit
gesellschaftlichen Gruppen aktive Schritte unternommen. Dazu gehört
die Errichtung eines speziellen Fonds mit einem Jahresvolumen von 3
Mio. Yuan (rund 340 Tausend Euro).
Der Fonds zur Rettung des Kulturerbes in Beijing wird mit
finanziellen Beihilfen der Wirtschaftskommission und dem Finanzamt
der Stadtregierung Beijing gespeist. Genauer gesagt: zwei Drittel
der Gelder kommen aus den jährlichen Zuwendungen für den
Denkmalschutz, und das letzte Drittel aus dem Zuschuss für die
industrielle Entwicklung. Die finanziellen Mittel aus dem Fonds
sollen einem anspruchsvollen Ziel dienen, erklärte Chang Qing, eine
führende Vertreterin des Wirtschaftskomitees der Stadt Beijing:
„Die Errichtung des Fonds steht im Rahmen eines Maßnahmeplans der
Stadtregierung von Beijing zum Schutz des traditionellen
Kunsthandwerks. Dabei soll insbesondere die Kunstfertigkeit der
Fachkräfte in den verschiedenen Zweigen des Kunsthandwerks großer
Wert beigemessen werden. Der Fonds soll vor allem zur
Wiederbelebung und Prosperität der Kunstgewerbe-Branche
beitragen“.
Zwar sind die bereitgestellten Gelder des Fonds keine große Summe
für die Entwicklung des Kunsthandwerks, doch ist dies gemessen am
beschränkten städtischen Haushalt ein wichtiger Beitrag zur
Förderung der Branche. Als führende Wirtschaftlerin im Beijinger
Wirtschaftskomitee weiß Chang Qing schon genau, wohin die Gelder
aus dem Fonds fließen sollen:
„Der Spezialfonds soll hauptsächlich 7 Projekte finanziell
unterstützen. Dazu gehören der Aufbau von Ateliers für die
Handwerksmeister und anderen Einrichtungen zur Rettung, Schutz und
Förderung der Kreativität des traditionellen Kunsthandwerks sowie
Zuschüsse an Handwerksmeister, die Lehrlinge ausbilden. Damit soll
die Nachwuchsbildung gefördert werden. Zudem werden Mittel aus dem
Fonds für die Sammlung und Veröffentlichung von Dokumenten und
hervorragenden Werken der Kunsthandwerksbranche fließen. Weitere
Gelder werden für Wettbewerbe zur Förderung des Kunstschaffens,
technischer und kreativer Innovationen sowie für Ausstellungen und
den internationalen Austausch bereitgestellt. “
Das Wirtschaftskomitee und das Finanzamt der Beijinger
Stadtregierung leisten dabei politische und administrative
Unterstützung. Die Prüfung der Anträge auf Mittel aus dem Fonds
sowie die Zuteilung wird hingegen vom Branchenverein des
Kunsthandwerks in Beijing übernommen. Jeder Bewerber muss zusammen
mit seinem Antrag eine Machbarkeitsstudie einreichen. Der Verein
hat dann die Pflicht, jeden einzelnen Antrag zu prüfen und dem
Wirtschaftskommitee und dem Finanzamt jedes Jahr vor dem 3.
November eine Liste der Ausgewählten vorzulegen. Außerdem ist der
Verein für die Zuteilung , die Aufstellung des Budgetplans für das
folgende Jahr sowie für die Kontrolle der Verwendung der Gelder
zuständig. Wie der Branchenverein des Kunsthandwerks die geeigneten
Kandidaten für die Mittel aus dem Fonds auswählt, erläutert der
Vorsitzende des Vereins, Li Jinghua:
„Mit der Errichtung des Spezialfonds zielte die Stadtregierung
darauf ab, das traditionelle Kunsthandwerk von Beijing zu
fördern.
Zu
diesem speziellen Handwerk gehören einerseits die Künste der
kaiserlichen Familien und andererseits die Volkskünste. Sie haben
in Beijing eine lange Tradition und verfügen über eine hohe
Kunstfertigkeit. Die Kunstfertigkeit hat sich von Generation zu
Generation überliefert und ist in der Bevölkerung noch weit
verbreitet. In Beijing bekannt sind die sogenannten 8 Superlative
der handwerklichen Künste, diese sind die Jade- und
Elfenbeinschnitzerei, die Lackarbeit, die Goldschmiedekunst, und
die filigrane Kunst, außerdem zählen die Einlegearbeiten mit
goldenem Lack sowie die kaiserliche Teppichproduktion und Stickerei
dazu. Hinzu kommen noch das folkloristische Kunsthandwerk der Ton-
und Lehmfiguren sowie der Scherenschnitte. Von den finanziellen
Mitteln aus dem Spezialfonds sollen vor allem die Zweige der
handwerklichen Kunst profitieren, deren Werke und Kunstfertigkeit
vom Aussterben bedroht sind. Ferner hilft der Fonds
Kunsthandwerkern, die momentan mit Überlebensproblemen konfrontiert
sind. Die Gelder sollen sie motivieren, ihre künstlerische Arbeit
fortzusetzen.“
Laut Li Jinghua ist das Projekt bereits in vollem Gange: vorrangig
werden derzeit Meisterhandwerker mit mehr als 2 Lehrlingen
gefördert. Nach den Regeln werden diese Handwerker je nach ihren
Qualifikationen abgestimmte Zuwendungen erhalten. Dies betrifft
alle 140 von der Stadtregierung Beijing kürzlich anerkannten
künstlerischen Handwerksmeister.
Aber nicht nur Einzelpersonen können vom Fonds profitieren. Auch
die Unternehmen, die zur Rettung und Entwicklung des traditionellen
Kunsthandwerks beitragen, werden berücksichtigt. Ein Beispiel dafür
ist die Gesellschaft für kunsthandwerkliche und touristische
Produkte Beijing. Die Aktiengesellschaft baut derzeit in einem
südlichen Bezirk der Stadt Beijing das größte kunsthandwerkliche
Zentrum in China. Bis Mitte des nächsten Jahres sollen auf einer
rund 50,000 qm großen Fläche etwa 100 Handwerksmeister in rund 20
Werkstätten und Ateliers präsent sein. Das kunsthandwerkliche
Zentrum wird einmal dazu dienen die traditionelle chinesische
Kultur zu präsentieren. Außerdem sollen hier Geschäftsverhandlungen
stattfinden und auch touristische Dienstleistungen angeboten
werden. Schon vor der offiziellen Eröffnung wurden einige Projekte
begonnen, dank der Mittel aus dem Spezialfonds der Stadtregierung.
Dazu der Projektleiter, Generaldirektor der Firma, Cui Fang:
„Die unserem Projekt zugeteilten finanziellen Mittel aus dem
Spezialfonds der Stadtregierung werden hauptsächlich in
Veranstaltungen in der Anfangszeit investiert. Dazu gehören
Serienvorträge, beispielsweise unter dem Titel „Beziehungen
zwischen dem Kunsthandwerk und dem Alltagsleben der Bevölkerung“.
Diese Vorträge sollen der Vermittlung von Grundkenntnissen über die
handwerkliche Kunst dienen. Weitere Gelder werden in die Planung
des Projektes, und nicht zuletzt auch als Zuschuss an die
Kunsthandwerksmeister fließen. Hinzu kommen noch Veranstaltungen
zur Verstärkung des Austausches zwischen den Handwerkern. “
Im
Vergleich zum gesamten Investitionsvolumen in das Projekt in Höhe
von 450 Mio. Yuan, seien die Zuwendungen aus dem Fonds zwar relativ
gering, doch habe diese Unterstützung durch die Stadtregierung
trotzdem eine große Bedeutung, so Cui Fang weiter:
„Die Errichtung des Spezialfonds zeigt die Bereitschaft der
Regierung zum Schutz des traditionellen Handwerks und zur Förderung
seiner Entwicklung. Die Prosperität der handwerklichen Kunst ist
natürlich nicht nur von der staatlichen Unterstützung abhängig. In
diesem Sinne hat die Regierung einen bemerkenswerten Schritt
gemacht, der die Gesellschaft zu weiterer Unterstützung ermutigen
wird.„