Große Flüsse sind in vielen Ländern Wiegen der menschlichen Zivilisationen. Das Einzugsgebiet des mächtigsten Stroms in China, des Yangtse, gilt in diesem Sinne auch als der Ursprung der antiken chinesischen Kultur. Im Gebiet der berühmten Drei-Schluchten des Yangtse hatten die Vorfahren der chinesischen Zivilisation deutliche Spuren hinterlassen. An beiden Ufern der Drei Schluchten finden sich zahlreiche antike Denkmäler. Diese große Schatzkammer zu schützen und zu bewahren, ist seit langem die Aufgabe Tausender Denkmalschützer und Experten in dieser Region. Mit der Verwirklichung des weltgrößten Staudammprojektes an den Drei-Schluchten des Yangtse wurde diese Aufgabe schwieriger und dringender, und zwar für alle Denkmalschützer in China. Näheres erfahren Sie im nun folgenden Beitrag von meiner Kollegin Yin Jinghui.
Der Yangtse fließt in seinem Mittel- und Oberlauf durch die berühmten Drei Schluchten, und zwar die Qutang-, die Wuxia- und die Xilin-Schlucht. Eine Fahrt mit dem Schiff auf der knapp 200 km langen Flusstrecke zwischen den beiden Provinzen Sichuan und Hubei gehört seit jeher zu den Highlights bei einer China-Reise. Eine solche Schiffstour bietet nicht nur eine wunderschöne Landschaft, sondern auch unzählige antike Sehenswürdigkeiten, die in einer langen Zeitspanne von der Han-Dynastie vor mehr als 2000 Jahren bis zur Qing-Dynastie bis zum Jahre 1911 entstanden. Zu diesen Sehenswürdigkeiten gehören traditionelle Wohnhäuser, alte Tempel, antike Brücken oder Gedenksteingalerien... Und jede dieser Denkmalstätten weiß eine interessante Geschichte zur Entwicklung der chinesischen Kultur zu erzählen.
Einige dieser Kulturdenkmäler sind inzwischen vom Wasser verschluckt worden, seitdem der Wasserpegel des Drei-Schluchten-Stausees am 10. Juni den Stand von 135 Meter ü. d. M. erreichte. Andere Denkmalstätten haben einen neuen Platz in höhergelegenen Gebieten gefunden.
Wang Chuanping ist der verantwortliche Leiter für den Denkmalschutz im Stauseegebiet rund um die regierungsunmittelbare Stadt Chongqing in Westchina. Er kann sich noch gut erinnern, wie er und seine Kollegen aus dem ganzen Land sich bemüht haben, die Kulturgüter vor dem Wasserspeicherungstermin zu retten.
Er sagte:
„Laut der Gesamtplanung für den Denkmalschutz im Drei-Schluchten-Stauseegebiet hatten wir bis zum Beginn der Wasserspeicherung am 1. Juni Zeit, um mehr als 110 Denkmalstätten zu retten. Dazu gehören die Sammlung und Dokumentierung wichtiger Informationen wie auch die Umsiedlung von Kulturdenkmälern sowie deren Restaurierung und Stabilisierung. Im Rahmen des Rettungsprojektes haben wir auch umfangreiche wissenschaftliche Forschungen zu verschiedenen Themen betrieben.
Im großen und ganzen kann man sagen, dass alle Denkmalsstätten unter der Pegelmarke 135 Meter im Drei-Schluchten-Stauseegebiet umfassend und sorgfältig vor dem Verlust gerettet worden sind.“
Ferner ging Wang Chuanping auf die konkreten Maßnahmen bei der Rettung der Kulturdenkmäler ein:
„Die Denkmalstätten mit geringerer Bedeutung für die Archäologie haben wir vor allem anhand von schriftlichen Aufzeichnungen und Bildinformationen dokumentiert. Für bedeutende Denkmäler, die bei einem Transport zerstört worden wären oder schon häufig unter Wasser liegen, wurden mit moderner Technik Maßnahmen zu ihrer langfristigen Konservierung und Verfestigung ergriffen, damit sie noch lange an ihren Ursprungsorten erhalten bleiben. Dazu gehören die antike hydrologische Station Baiheliang und das architektonische Meisterwerk, der Shibaozhai Baukomplex. Beide stehen auf der staatlichen Schutzliste. Und nicht zuletzt sind auch die Umsiedlungs- und Wiederaufbaubemühungen zu erwähnen. Dabei haben wir uns strikt an die Grundprinzipien der Venedig-Charta gehalten. D.h. Nicht nur das Denkmal selbst wurde an einen neuen Platz umgesiedelt, sondern auch seine ursprüngliche Umgebung im Originalstil wiederaufgebaut. Auf diese Weise hat z.B. der 1700jährige Tempel des Generals Zhang Fei 32km flussaufwärts eine neue Heimat gefunden. “
Im 630 qkm großen Gebiet des Drei-Schluchten-Stausees zwischen der regierungsunmittelbaren Stadt Chongqing und der Stadt Yichang in der zentralchinesischen Provinz Hubei waren Hunderte von kleinen Städten angesiedelt, die im Verlauf des Staudammprojektes ganz oder teilweise überflutet wurden oder noch werden. Unter diesen Städten befinden sich auch Duzende mit einer tausendjährigen Geschichte.
Die alten Kulturstätten im Dreischluchtengebiet werden jedoch bald in neuem Glanz erstrahlen, erklärte stolz der Museumsdirektor der Stadt Chongqing, Liu Yuchuan,
„Im Rahmen der Schutzmaßnahmen sind die Denkmalstätten im Gebiet des Drei-Schluchten-Stausees umfassend restauriert, ausgebaut und für die Zukunft bewahrt worden. Die früher weit verstreuten Denkmäler liegen jetzt nach ihrer Umsiedlung und ihrem Wiederaufbau konzentrierter zusammen und können einheitlicher verwaltet und geschützt werden. Auch hat sich ihr Umfeld in großem Masse verbessert. Die Kulturstätten sind heute einzigartige Juwelen am Ufer des neuen Drei-Schluchten-Stausees. Und so wurde das Kulturerbe unserer Vorfahren und Zivilisationen in dieser Region nachhaltig für die Nachwelt erhalten. “
Die Meinung von Museumsdirektor Liu Yuchuan teilt auch seine Kollegin in der Nachbarprovinz Hubei, Yu Ping, vom provinzialen Denkmalschutzamt. Sie versichert, dass alle umzusiedelnden Denkmalstätten in Stauseegebiet von Hubei bereits vor dem Beginn der Wasserstauung am 1. Juni an neue Plätze verlegt worden waren. Parallel dazu laufe der Wiederaufbau auf Hochtouren. Bis zum Ende des gesamten Staudammprojektes im Jahre 2009 stünde ihr und ihren Kollegen lediglich noch ein großes Umsiedlungsprojekt und mehrere Wiederaufbauprojekte bevor, so die Denkmalschützerin weiter.
Da haben es die Denkmalschützer in Chongqing weit schwerer. Bis zum Jahr 2009, wenn der Wasserpegel die endgültige Marke von 175 Meter über dem Meeresspiegel erreicht haben soll, stehen ihnen noch eine Reihe von schwierigen Aufgaben bevor. [Dazu noch einmal der Vize-Leiter des Denkmalschutzamtes der regierungsunmittelbaren Stadt Chongqing, Wang Chuanping:
„In der 3. und 4. Bauphase des Drei-Schluchten-Wasserprojektes in den Jahren zwischen 2006 und 2009 sind noch mehr als 100 Denkmalstätten zu schützen. Hinzu kommt der anspruchsvolle Wiederaufbau der bereits in der 2. Bauphase umgesiedelten Denkmäler. Und schließlich muss auch die Umgebung der Denkmäler geplant und wiederherstellt werden...“
Erfreut berichtete Wang Chuanping aber darüber, dass einige umgesiedelte und wiedergebaute Denkmalstätten noch in diesem Jahr den Besuchern zugänglich gemacht werden können. Diese sollen neue attraktive Sehenswürdigkeiten im Gebiet des Drei-Schluchten-Stausees werden, davon ist Wang Chuanping vollends überzeugt.