Die Longmen-Grotten  
 

Dreizehn Kilometer südlich der Stadt Luoyang in der Provinz Henan bahnt sich der Fluss Yishui seinen Weg durch die Östlichen und Westlichen Berge gen Norden. Diese Berge formen eine natürliche Barriere, die wie ein Drachen aussieht. Daher der Name Longmen (Drachentor). An genau dieser Stelle befinden sich die Longmen-Grotten.

Auf dem insgesamt 1.000 m langen Klippenstück entlang des Ufers befinden sich 2.345 Grotten. Auf den Felsen und in den Grotten stehen mehr als 70 Pagoden verschiedenster Größe und mehr als 2.800 Gedenksteine mit Inschriften. Die Longmen-Grotten sind eine Art großes Museum für Steinskulpturen, in dem sich reiches historisches Material über die Bildenden Künste, Musik, Kalligraphie, Kleidung, Architektur und Medizin aus vergangenen Zeiten befindet.

Die Arbeit an den Grotten begann im Jahre 493 während der Nördlichen Wei-Dynastie (386-534) und dauerte über 400 Jahre. Schaut man sich die Klippen an, offenbart sich einem ein unendliches "Bienenwabenmuster" an Grotten jeder Größe. Die Größte beherbergt einen über 12 Meter großen Buddha, die kleinsten bergen nur fingergroße Buddhafiguren.

Die sieben repräsentativsten der 2.345 Grotten sind: die Guyang-, Binyang- und Lianhua-Grotten aus der Nördlichen Wei-Dynastie sowie die Qianxi-, Wanfo-, Fengxian- und Kanjing-Grotten aus der Tang-Dynastie (618 - 907 n. Chr.).

Die größte Grotte, Fengxian, wurde im Jahr 675 fertiggestellt. Der Bau dieser Grotte wurde von Wu Zetian, der einzigen Kaiserin Chinas, durch 20.000 Guan (1 Guan = ein Bund von 1.000 aufeinandergesteckten Messingmünzen) finanziert. Sowohl unter architektonischem als auch unter bildhauerischem Aspekt bildet die Fengxian-Grotte den Höhepunkt der chinesischen bildenden Kunst. Die Skulpturen der Grotte wirken lebendig, lebensnah und sind ästhetisch angeordnet. In der Mitte der Grotte befindet sich eine kolossale sitzende Statue der Boddhisattva Vairocana mit ihrem gütigen Gesicht. Diese Figur ist 17 Meter hoch und hat einen 4 Meter hohen Kopf mit zwei 1,9 Meter langen Ohren. Beidseitig von ihr stehen ehrerbietige Schüler.

Die Lianhua (Lotosblumen)-Grotte hat ihren Namen wegen der großen Lotosblume an ihrer Decke erhalten. An der südlichen Wand der Grotte stehen kleine fein geschnitzte Buddhafiguren. Es sind die kleinsten Figuren (nur 2 cm hoch) der gesamten Longmen-Grotten.

Die Guyang-Grotte war eine der ersten Grotten in Longmen und ist bis heute eine der längsten und reichsten. In der Grotte gibt es viele Nischen mit großen und kleinen Buddhafiguren. Die Nischen und Statuen sind hervorragend gearbeitet und die Motive sind ideenreich gestaltet. Der Inhalt der Grotte ist für die Erforschung der Steinskulpturen, Malerei und Architektur der Nördlichen Wei-Dynastie von großem Wert.

Die Binyang-Grotte besteht aus drei Höhlen und ist die prächtigste der Grotten aus der Wei-Dynastie. Von der Decke hängen Vorhänge und bunte Seile herab, in den Boden wurden Lotosblumen geschnitzt. Die Wände des Grotteneingangs sind mit großen Reliefs des Kaisers und der Kaiserin dekoriert. Sie bieten anschauliches Material zum damaligen Leben.

An den beiden Innenwänden des Eingangs der Yaofang-Grotte wurden Rezepte gegen mehr als 140 Krankheiten wie Malaria, Magenkrankheiten, Herzbeschwerden, Diabetes, usw. eingraviert. Sie wurden dort zu Beginn der Tang-Zeit eingraviert und liefern wichtige Informationen zum Studium der historischen Pharmazie.

Die Zahl der Inschriften in den Longmen-Grotten nimmt in China den ersten Platz ein. Die "20 ausgewählten Denkmalinschriften der Longmen-Grotten" erzählen uns nicht nur über die Geschichte der damaligen Arbeiten, sondern zeigen uns auch das hohe Niveau der damaligen Kalligraphie.

Die Longmen-Grotten sind ein wichtiger Ort für das Studium buddhistischer Skulpturen und eine touristische Attraktion. Sie liegen eingebettet in eine Landschaft aus Hügeln, Quellen und dem Yishui-Fluss.

Zum Schutz der Longmen-Grotten wurde im Jahr 1953 eine spezielle Organisation gegründet. Seit 1961 stehen die Longmen-Grotten unter staatlichem Schutz. Die chinesische Regierung hat zahlreiche Fonds für ihren Erhalt ins Leben gerufen und hat in Longmen auch eine touristische Infrastruktur aufgebaut. Seit 1990 ist die Eindämmung der Erosion durch Wind und Wasser zum Hauptthema bei den Bemühungen um den Erhalt der Grotten geworden.

Ende des Jahres 2000 wurden die Longmen-Grotten von der UNESCO in die "Liste des Weltkultur- und Naturerbes" aufgenommen. Zusammen mit den Mogao-Grotten in Dunhuang im Westen der Provinz Gansu und den Yungang-Grotten in Datong in der Provinz Shanxi zählen sie zu den drei bekanntesten Grotten Chinas.