Der Westen der südwestchinesischen Provinz Sichuan ist nicht nur landschaftlich schön. Hier befinden sich auch die wichtigsten Lebensräume für die chinesischen Pandabären. Unweit der Stadt Ya`an hat die chinesische Regierung eine große Summe in die Errichtung des weltweit größten Schutzgebietes für Pandabären investiert. Das Schutzgebiet von Bifengxia erregt seitdem Aufsehen bei Forschern und Liebhabern der Pandabären weltweit.
„Die Bambusbäume tragen Blüten. In Mama`s Armen zählt Mimi die Sterne. Schön sind sie am Himmel, wo aber ist mein Frühstück für morgen?", heißt es in dem in ganz China bekannten Lied "Panda Mi Mi" aus den 80er Jahren. In dem Lied geht es um den Schutz der Pandabären. Die Pandabären zählen zu den vom Aussterben bedrohten Tierarten. Statistiken zufolge gibt es weltweit nur noch rund 1.000 freilebende Pandas. Die meisten davon leben in wasserreichen Gebieten im Nord- und Südwesten Chinas - dort wo es hohe Berge und tiefe Täler gibt, und natürlich üppigen Bambus, von denen sich Pandas vorrangig ernähren.
Pandabären gehören eigentlich zur Gattung der Fleischfresser. Doch haben sie sich in ihrer mehr als 1 Million Jahre langen Evolutionsgeschichte zum Allesfresser entwickelt. Heute ernähren sich Pandas zu 95 Prozent von Bambus und nur selten von Fisch, Fleisch und Früchten. Pandabären bevorzugen die Sprossen, Früchte und Wurzeln einer speziellen Bambusart, des Jian-zhu-Bambus. Während der Bambusblüte stirbt jedoch vorübergehend der gesamte Bambusbestand ab, was die Tiere vor Nahrungsprobleme stellt. Eine Abwanderung in andere Gebiete wird durch Straßen und menschliche Siedlungen erschwert.
In den vergangenen 100 Jahren sank die Population der Pandas kontinuierlich. Infolge der fortschreitenden Besiedlung durch Menschen wurden Pandas in die Bambuswälder in höheren Berglagen zurückgedrängt. Ihr Lebensumfeld hat sich deutlich verschlechtert.
Die Pandabären sind Wappentiere des World Wide Fund for Nature (WWF) und erfreuen sich bei allen Menschen weltweit großer Beliebtheit. In über 20 Ländern haben Pandabären ihre Fußstapfen hinterlassen. Sie wurden an zoologische Gärten verschenkt oder zu Fortpflanzungsprojekten ausgeliehen. China fühlt sich besonders verpflichtet, diese vom Aussterben bedrohten Tiere zu schützen.
Die größte Bedrohung für die Pandabären gehe von ihrer niedrigen Fortpflanzungsrate aus, erklärt Li Guobing, zuständige Beamte der Stadtregierung von Ya`an: „Bei der Zucht von Pandabären gibt es einige Schwierigkeiten. Besonders schwierig gestaltet sich die Fortpflanzung. Auch die Nahrungsversorgung ist problematisch. Selbst wenn ein Pandajunges geboren wird, ist es nicht leicht, es zu füttern. Bei der Geburt bringen Pandabären nur 90 bis 100 Gramm auf die Waage. Es ist sehr schwierig, ein Pandajunges groß zu ziehen."
Wie Li Guobing weiter erläutert, werden knapp 80 Prozent der weiblichen Pandas in ihrem ganzen Leben nicht ein einziges Mal schwanger. Und 90 Prozent der männlichen Pandas seien nicht fähig, ein Baby zu zeugen. Deshalb konzentrieren die Forscher ihre Anstrengungen auf die künstliche Fortpflanzung von Pandas.
In China begannen die ersten Versuche mit der künstlichen Befruchtung von Pandaweibchen in den 60er Jahren des vergangenen Jahrhunderts. Die Erfolge allerdings waren spärlich, nur einige wenige Pandabären pro Jahr konnten auf diese Weise gezeugt werden und blieben am Leben. Erst in den letzten Jahren hat sich die Zahl der Pandabären aus künstlicher Befruchtung erhöht. Im Jahre 2003 erblickten in China insgesamt 16 Pandabären durch künstliche Befruchtung das Licht der Welt. Und 84 Prozent der Jungtiere überlebten. Auch bei den Nahrungsmitteln für Pandabären erzielten die Forscher bessere Resultate. Ein erfolgreiches Beispiel sind die sogenannten „Pandabär-Crackers", die aus einer Mischung von Bambuspulver und anderen Kornfasern hergestellt werden. Dadurch kann auch während der Blüte des Jianzhu-Bambus die Nahrungsversorgung gesichert werden.
Das Panda-Schutzgebiet Bifengxia befindet sich in einer wasserreichen Bergregion nahe der Stadt Ya´an. In dem nahezu 500 ha. großen Gebiet befinden sich über 20 mobile Labors und Forschungsplätze, darunter eine Zuchtfarm für Pandas, ein Panda-Kindergarten, eine Klinik und ein wissenschaftliches Forschungsinstitut. Die Panda-Klinik ist modern eingerichtet. In dem Schutzgebiet werden für die Pandas acht verschiedene Bambusarten gezüchtet. Jedem Panda steht eine Einzimmerbehausung mit Klimaanlage und Leitungswasser zur Verfügung. Vor iherer Behausung haben die Pandas jeweils eine 2.000 bis 3.000 Quadratmeter große Fläche im Freien für ihren Auslauf.
In den zwei Jahren seit der Einrichtung des Schutzgebietes von Bifengxia gab es eine Vielfalt an Aufgaben zu erledigen, sagt der Vize-Direktor des Schutzgebietes Tang Chunxiang: „Unsere Ambition war es in China ein erstklassiges Schutzgebiet für Pandas aufzubauen. Das galt für viele Bereiche, ob bei der Gesundheitsfürsorge und dem Schutz vor Krankheiten, bei der Personalausbildung, beim wissenschaftlichem Austausch oder der Einführung moderner Anlagen. Auch haben wir in vielen Gebieten intensiv Forschung betrieben, dazu zählen Forschungen im Bereich Umwelt, Fortpflanzung und künstliche Fütterung sowie die Erforschung des Verhaltens von Pandas, ihres Hormonhaushalts und ihrer Ernährung."
Im Panda-Schutzgebiet Bifengxia sind mehr als 20 Züchter tätig. In ihrer Obhut leben über 10 Pandas. Jeden Tag beobachten die Züchter das Verhalten der Tiere und machen darüber Aufzeichnungen. Einer von ihnen ist Xu Erxing, der seit seinem Studium der Ernährung von Pandas an der Landwirtschaftsuniversität Sichuan im Schutzgebiet als Züchter arbeitet. Am Stuhlgang von Pandas kann er sehr schnell den Gesundheitszustand seiner Schützlinge erkennen: „Jeden Tag bereite ich das Essen für die Pandas zu und beobachte, was sich aus dem gestrigen Essen ergibt, oder ob sie in guter Stimmung und aktiv genug sind, oder ob ihre Ausscheidungen gut sind. Ein Durchfall kann auf eine Entzündung im Darm, auf zuviel Feinfutter hindeuten."
Xu Erxing berichtet mit Stolz, wie nah er in seiner Tätigkeit den Pandas kommt. Jedes Mal, wenn ihn die Pandas ansehen, möchte er sie am liebsten streicheln und knuddeln. Oft fährt Xu Erxing mitten in der Nacht die halbe Stunde mit dem Fahrrad zur Zuchtfarm, um sich des Zustands seiner Schützlinge zu versichern.
Zum Schutz der Großen Pandabären sehen sich nicht nur die Mitarbeiter in Bifengxia, sondern auch die Einwohner der Umgebung verpflichtet. Längst haben die Bewohner ein Schutzbewusstsein entwickelt, berichtet Lin Genchang, der in der Nähe des Schutzgebietes lebt: „Die Großen Pandas sind sehr wichtig in unserem Leben. Dass sie unter strengen Schutz gestellt werden müssen, ist jedem bekannt. Im Schutzgebiet ist sogar das Rauchen verboten."
Weiter erzählt Lin Genchang, wenn die Bewohner der Gegend einen erkrankten oder hungernden Pandabären in den Bergen oder auf der Landstraße sehen, informieren sie unverzüglich die Rettungshilfe oder die lokale Tierschutzbehörde.
(CRI/China.org.cn, 11. März 2004)