Von Yan Xinxia
Wenn im April der Frühlingswind weht, dringen heftige Sandstürme in Beijing und Nordchina ein. Ihre Häufigkeit und Stärke nimmt seit den letzten Jahren immer mehr zu und beeinträchtigt das Leben und die Arbeit der Bevölkerung.
Woher kommen diese Sandstürme, warum nimmt ihre Häufigkeit und Stärke Jahr für Jahr zu? Wird dieses Phänomen anhalten? Mit diesen Fragen im Kopf interviewte der Reporter von china.org.cn den NVK-Abgeordneten und Präsidenten der Chinesischen Gesellschaft der Inneren Mongolei zur Förderung der Abwehr von Sandstürmen Xu Shoupeng.
Dazu Xu Shoupeng: „Die Sandstürme, die im Frühling wüten, nahmen bereits vor mehr als 20 Jahren ihren Anfang. Die Einwohner Beijings spüren sie vor allem seit den letzten Jahren, da sie immer heftiger und häufiger geworden sind. An ihren Ursprungsorten, wo einst auf ausgedehnten Steppen Schaf- und Rinderherden weideten und Wildtiere vorkamen, sieht man heute nichts als Sand.“
Nach älteren Angaben begannen die Sandstürme in der zweiten Hälfte des letzten Jahrhunderts ihr Unwesen zu treiben. 60% der Sandstürme entstammen dem Süden der an China grenzenden Mogolischen Volksrepublik.
In den 50er Jahren drangen starke Sandstürme 5mal in Nordchina ein. In den 70er Jahren waren es 13 Male. In den 90er Jahren wurde Nordchina insgesamt 23mal von starken Sandstürmen heimgesucht und Beijing dabei in starke Mitleidenschaft gezogen.
Die Häufigkeit, das Ausmaß und die Intensität der Sandstürme nehmen seit Jahren zu. Der von Stürmen aus der Mongolei ausgewehte Sand und Staub erreicht das Meer überquerend manchmal sogar andere Weltteile. Chinas Provinzen Innere Mongolei, Xinjiang, Gansu und Hebei haben sich mittlerweile selbst zu Quellen von Sandstürmen entwickelt. Zugleich intensivieren sich die Sandstürme auch in Zentralasien. Sie sind zu einem weltweiten Problem geworden, das den Schutz des ökologischen Gleichgewichts betrifft.
Xu Shoupeng merkte dazu an: „Im Autonomen Gebiet der Inneren Mongolei an der nördlichen Grenze Chinas befinden sich die Sandwüsten Badajilin, Tengri, Kerxing und Hulenbeir. Die verwüstete Bodenfläche dort beträgt 710.000 qkm, mehr als das 7fache der Fläche der Provinz Jiangsu. Besorgnis erregt die Tatsache, daß die von Desertifikation betroffene Fläche jährlich um 6.680 qkm zunimmt.
Die Sandstürme, die Beijing heimsuchen, entstammen hauptsächlich dem Sandgebiet Hunsandake, einer Region, die 180 km von der Hauptstadt entfernt ist. Im Frühjahr fegen die Sandstürme dort über einige hundert Kilometer hinweg und bedrohen oft Viehzüchter und Schafherden.“
„Die rücksichtslose Urbarmachung, Überweidung und die Zerstörung der Vegetation sind Auslöser der Desertifikation der Steppen“, stellt Xu Shoupeng fest und führt fort: „Im Volksmund heißt es: In zehn Jahren entsteht ein Grasland, aus ihm wird in zwei Jahren ein Getreidefeld und in fünf Jahren ißt man nur noch Sand. Um die Einwohner mit Getreide zu versorgen, hat man in den letzten Jahren große Flächen Wald und Grasland zerstört, um sie urbar zu machen. Außerdem übersteigt die schnelle Vermehrung der Schafe und Rinder die Belastbarkeit der Weiden. Die willkürliche Urbarmachung führte zur Degeneration der Weiden und schließlich zur Desertifikation.
Ein Trost ist, daß die Verschlimmerung der ökologischen Lage die große Aufmerksamkeit des Zentralkomitees der Partei und des Staates erregt hat. Im Mai 2000 inspizierte Ministerpräsident Zhu Rongji das Sandland Hunsandake und schrieb dazu „ Sand und Wüste unverzüglich Einhalt gebieten und grüne Schutzgürtel aufbauen“. Die Schriftzeichen wurden als Ausdruck der Entschlossenheit der Regierung in Stein gemeißelt und die steinerne Tafel auf einem Sandhügel aufgerichtet. Seitdem begann die Regierung mit dem Projekt zur Abwehr von Sand in der Umgebung Beijings und Tianjins und setzte den Schwerpunkt auf Hunsandake. Bis jetzt wurden 900 Millionen Yuan (108,86 Mio. USD) dafür aufgewendet. In der Inneren Mongolei setzte die Regierung in den letzten drei Jahren Geldmittel in Höhe von 3,75 Milliarden Yuan (453,6 Mio. USD) für die Verbesserung der ökologischen Lage ein.
Im Bund Xilingguole, wo das Sandland liegt, verändert man die überlieferte Produktions- und die traditionelle Denkweise und führt das „Projekt der Absperrung und Abwanderung“ durch. Dies bedeutet, dass die Viehzüchter die Gebiete mit schlimmen ökologischen Verhältnissen verlassen, um im tertiären Wirtschaftssektor der Kleinstädte zu arbeiten. Zweitens wird das Weiden von Vieh eingestellt, das Grasland abgesperrt und Milchkühe und Schafe nur noch in Ställen gehalten oder es wird anderen Erwerbstätigkeiten nachgegangen. Drittens verzichtet man auf Ackerbau und Viehzucht, um Wald und Grasland Platz zu machen.
„Zur Abwehr der Sandstürme muß man neben diesen Maßnahmen Wissenschaft und Technik anwenden, das Umweltbewußtsein der Bevölkerung erhöhen und jedermann, auch die Kinder, über die Notwendigkeit von Umweltschutz aufklären“, bemerkte Xu. Darin besteht der Inhalt seines Vorschlags, den er dem laufenden Volkskongreß gemacht hat.
Als Experte aus dem Bereich des Umweltschutzes hat er das „Lehrbuch für Erziehung der Grundschüler in der Ökologie“ verfaßt. Dieses Buch bringe seinen Wunsch zum Ausdruck, sagte er.
(www.china.org.cn/19. März 2003)
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