Das Frühlingsfest ist das wichtigste Fest in China und wie Weihnachten im Westen ein Familienfest. Anlässlich des Frühlingsfestes kehren diejenigen, die auswärts arbeiten, in ihre Heimat zurück, um mit ihren Familienangehörigen zusammen das Fest zu feiern. Deshalb ist die Zeit vor und nach dem Frühlingsfest die Hochsaison, wo die Flughäfen, Bahnhöfe und Fernbusstationen voller Passagiere sind.
Nach dem chinesischen Mondkalender kennzeichnet das Frühlingsfest den Beginn eines neuen Jahres. Es fällt normalerweise auf einen Tag, der etwa ein Monat später als das Neujahr kommt. Es kann auf eine lange Geschichte zurückblicken und hat seinen Ursprung in den Opferzeremonien für Götter und Ahnen in der Yin- und Shang-Periode (ca. 17. – ca.11 Jahrhundert v. Chr.), die am Ende des Jahres und am Anfang des nächsten Jahres veranstaltet wurden.
Streng genommen dauert das Frühlingsfest von Anfang des zwölften Monats des Mondjahrs bis zum ersten Monat des nächsten Mondjahrs mehr als ein Monat lang. Die wichtigsten Tage dazwischen sind der Silvesterabend und die ersten drei Tage des neuen Mondjahrs. Die vom Staat festgelegten Frühlingsfest-Ferien sind die ersten sieben Tage des neuen Mondjahrs.
Das Frühlingsfest hat viele überlieferte Bräuche, von denen einige bis heute noch beibehalten werden und einige andere verschwunden sind.
Am 8. Tag des 12. Mondmonats kochen viele Familien mit Klebreis, Hirse, Samen des Hiobstränengrases, Datteln, Lotosdamen, Rotbohnen, getrocknetem Fleisch der Longanfrucht und Ginkgo Brei, der als „Laba (8. des 12. Mondmonats)-Brei" bekannt ist.
Der 23. Tag des 12. Mondmonats wird im Volksmund „kleines Frühlingsfest" genannt. An diesem Tag wird in einigen Familien, die an den althergebrachten Bräuchen festhalten, dem Herdgott, der für die Verwaltung der Küche der irdischen Welt verantwortlich ist, geopfert. In den meisten Familien wird nur ein köstliches Essen zubereitet.
Nach dem „kleinen Frühlingsfest" beginnt man, Vorbereitungen für das Frühlingsfest zu treffen.
In dieser Zeit blüht das Geschäft in den Läden, denn die Leute gehen dorthin, um Einkäufe zum Frühlingsfest zu machen. Alles, was für die Feier des Frühlingsfestes unentbehrlich ist, wie Reis, Weizenmehl, Speiseöl, Fisch, Fleisch, Geflügel, Obst, Bonbons sowie verschiedene Nüsse und Dekorationsstücke, neue Schuhe und Kleidung für Kinder sowie Geschenke für Familienangehörige älterer Generation, Verwandte und Freunde, steht auf der Einkaufsliste.
Vor dem Frühlingsfest führt man ein Großreinemachen durch, indem man die Wohnung saubermacht und die Kleidung, Bettzeuge und alle Gebrauchsgegenstände wäscht bzw. putzt.
Dann dekoriert man die Zimmer, indem man u.a. Neujahrsspruchrollen an die Tür klebt. Die Neujahrsspruchrollen als Spruchbänder zum chinesischen Frühlingsfest sind von Kalligraphen auf rotem Papier geschrieben. Ihr Inhalt bringt meistens die Ideale des Hausherren oder seinen Wunsch nach Glück im neuen Jahr zum Ausdruck. Außerdem klebt man Bilder von Türgott oder Gott des Reichtums an die Tür, in der Hoffnung, dass es der Familie gut geht und dass die Familie wohlhabend ist. An die Tür klebt man noch ein riesiges Schriftzeichen „Glück", das auch auf den Kopf gestellt werden kann, denn im Chinesischen sind „Das Glück wird auf den Kopf gestellt" und „Das Glück ist gekommen" gleichlautend. Außerdem hängt man an der Tür zwei rote Laternen und klebt an das Fensterglas rote Scherenschnitte und an die Wand des Wohnzimmers schöne, glückverheißende Neujahrsbilder.
Der Silvesterabend, der Vorabend des Frühlingsfestes, heißt auch „Abend für Familientreffen", dem man größte Aufmerksamkeit schenkt. An diesem Abend sitzt die ganze Familie bei einem reichlichen Essen zusammen. Diese Mahlzeit muss nicht nur besser als die normalen Mahlzeiten sein, sondern auch Hühner, Fisch und Bohnenkäse enthalten, denn diese Dinge haben nach ihrer Bezeichnung die Bedeutung von Glück. Nach dem Essen unterhalten sich die Familienangehörigen, während sie sich ein Programm, das CCTV jedes Jahr für den Silvesterabend vorbereitet hat, ansehen. Nach althergebrachten Bräuchen durchwachen viele Leute die letzte Nacht des vergangenen Mondjahrs.
Am Morgen des Frühlingsfestes zieht man sich eine Festkleidung an. Man spricht zuerst zu Hause den Familienangehörigen älterer Generation Glückwünsche aus und macht dann den Kindern Geldgeschenke zum Frühlingsfest. In der ersten Mahlzeit des neuen Mondjahres isst man in Nordchina Jiaozi (mit kleingewiegtem Fleisch oder Gemüse gefüllte halbmondförmige Nudelteigtasche) und in Südchina Neujahrskuchen. Die Nordchinesen essen Jiaozi, weil es erstens nach dem Laut die Bedeutung von „Abschied vom alten Jahr und Begrüßung des neuen" hat und zweitens wie Yuanbao (schuhförmiger Geld- oder Silberbarren als Zahlungsmittel im feudalen China) aussieht und, wie man glaubt, Reichtum einbringen kann. Die Südchinesen essen Neujahrskuchen, weil er nach dem Laut die Bedeutung von „von Jahr zu Jahr immer besser" hat. Vom 1. bis zum 5. Tag des ersten Mondmonats statten Verwandte, Freunde, Kommilitonen und Kollegen einander Besuche ab, machen einander Geschenke und gratulieren einander zum Neujahr.
Feuerwerkskörper abzubrennen ist einer der repräsentativsten Bräuche des Frühlingsfestes gewesen. Man brennt Feuerwerkskörper ab, um Teufel zu vertreiben und Glück herbeizuwünschen. Leider ist dieser Brauch in vielen Städten wegen Sicherheit, Lärm und Luftverschmutzung total oder in bestimmten Zonen verboten. Als Ersatz lassen manche Leute eine Tonbandaufnahme von Knall abspielen oder zertrampeln kleine Luftballons, andere hängen im Wohnzimmer ein paar Bünde falsche Feuerwerkskörper, die kunstgewerbliche Produkte sind.
Nicht nur alle Familien, sondern auch alle Straßen und Gassen stehen im Zeichen des Festes. Veranstaltungen wie Löwentanz, Tanz mit drachenförmigen Laternen, Blumenmarkt und Tempelmarkt erfüllen die Stadt mit fröhlicher Atmosphäre. Erst am 15. Tag des ersten Mondmonats, der als Laternenfest bekannt ist, geht das Frühlingsfest richtig zu Ende.
China hat 56 Nationalitäten. Das Datum des Frühlingsfestes von nationalen Minderheiten und das der Han-Nationalität sind gleich oder ähnlich, und die Bräuche des Festes sind identisch oder verschieden.
(China.org.cn, 31. Dezember 2003)