Die chinesische Zentralregierung hat
eine politische Richtlinie über den "Aufbau neuer sozialistischer
Dörfer" bekannt gegeben und sie zu den Hauptzielen des 11.
Fünfjahresplanes (2006-2010) für die wirtschaftliche und soziale
Entwicklung des Landes ernannt.
Die neue Richtlinie gibt die
Entschlossenheit der Regierung bei der Lösung der Probleme der
Bauern und der Entwicklung auf dem Land wieder. Seit dem Ende der
70er Jahre und besonders in der Mitte der 80er Jahre stand die
städtische Entwicklung im Mittelpunkt der Reform- und
Öffnungspolitik. Dies führte zu einer zunehmend großen Kluft
zwischen dem Land und den Städten. Diese Kluft, will die Regierung
nun versuchen zu vermindern.
Der "Aufbau neuer sozialistischer
Dörfer" ist eines der Hauptthemen des 10. Landeskomitees der
Konsultativkonferenz des Chinesischen Volks (PKKCV), deren
jährliches Treffen derzeit in Beijing stattfindet.
Die Idee des "Aufbaus neuer
sozialistischer Dörfer" sei eigentlich bereits vor sechs Jahren
vorgeschlagen worden, sagt Doktor Lin Yifu, Direktor des
Chinazentrums für Wirtschaftsforschung an der Peking Universität
und Mitgleider des PKKCV. Lin hat die Entwicklung auf dem Lande in
China viele Jahre lang erforscht.
"Als Ökonom, der sich der ländlichen
Entwicklung widmet, bin ich froh, dass das Konzept in die
Richtlinien des 11. Fünfjahresplans aufgenommen wurde. 2004 und
2005 wurden zwei wichtige Dokumente veröffentlicht, die die
Anhebung der Einkommen der Bauern und ihrer umfassenden
Produktionsfähigkeit betonten. Dieses neue Dokument ist nicht nur
eine Fortsetzung dieser Strategie, sondern es ist ein großer
Schritt vorwärts, da es ein wissenschaftliches Entwicklungsziel und
konkretere Maßnahmen für die ländlichen Regionen beinhaltet", meint
Lin.
Lin betont die Dringlichkeit,
finanzielle Unterstützung für das Projekt zu garantieren, da es
gegenwärtig auf Grund der "wenigen verfügbaren Kanäle" an
Unterstützung für die ländlichen Regionen fehle. Ländliche Gebiete
würden immer noch weitgehend von Krediten der ländlichen
Kreditkooperativen abhängen.
"Obwohl einige Richtlinien erlassen
wurden, um es für Bauern leichter zu machen, einen Kredit zu
erhalten, vergeben viele Finanzinstitute Kredite immer noch
widerwillig, auf Grund der damit zusammenhängenden Risiken, vor
allem den fehlenden Garantien. Um diese Situation zu ändern, müssen
wir einen wissenschaftlichen und marktorientierten Weg zur
Finanzierung der Bauern und Realisierung der Industrialisierung der
Landwirtschaft finden", sagt Lin.
"Zum Beispiel haben wir
vorgeschlagen, dass große Firmen Bürgschaftsunternehmen einrichten,
die als Garanten für die Bauern fungieren. Aus Sicht der Banken,
ist das Risiko, einem Bauern einen Kredit zu geben, hinter dem ein
Garant aus der Industrie steht, deutlich reduziert."
"Nach unseren Feldforschungen können
große Unternehmen die Bauern effektiv in individuelle
Produktionseinheiten organisieren. Ein Produktionszyklus würde
folgendermaßen funktionieren: Der Bauer erhält sein Saatgut von dem
Unternehmen. Während des Produktionsprozesses geben die Unternehmen
den Bauern technische Unterstützung. Die Bauern verkaufen ihre
Produkte an die Unternehmen, die sie dann auf dem freien Markt
verkaufen. Eine symbiotische Beziehung."
"Die nationale Kommission für Reform
und Entwicklung erwägt unseren Vorschlag ernsthaft und hat bereits
in vier Provinzen und Städten als Teil einer Machbarkeitsstudie
Felduntersuchungen durchgeführt. Auch haben sie mich eingeladen,
den Vorschlag mit ihnen tiefergehend zu besprechen. Einige Banken
zeigen ebenfalls starkes Interesse und sagen, sie würden gerne an
Versuchsprojekten teilnehmen", führt Lin aus.
Zur Frage der überschüssigen
Arbeitskräfte auf dem Land, sagt Lin: "Die Transferierung der
überschüssigen Arbeitskräfte ist ein wichtiger Weg, um die
Einkommen der Bauern anzuheben. Aber der Transfer muss den Städten
keine Kopfschmerzen bereiten. Das wichtigste ist,
Arbeitsmöglichkeiten auszuweiten. Man sollte sich mehr um die
Entwicklung arbeitsintensiver Organisationen, besonders kleiner und
mittlerer Unternehmen, kümmern."
"Einige Leute fragen mich, wie lange
der Prozess des Aufbaus neuer sozialistischer Dörfer dauern wird.
Ich denke, dass es sich um ein langfristiges Ziel handelt, welches
auch weiterhin angepasst und ausgeweitet wird", fügt Lin hinzu.
Lin wurde 1952 auf Taiwan geboren
und kam 1978 nach Beijing. Er machte 1982 einen Magisterabschluss
an der Peking Universität und ging dann für weitere Studien im
Bereich Agrarwirtschaft in die USA an die Universität Chicago, an
der er auch promovierte.
Nach seiner Rückkehr nach China
widmete Lin sich der Arbeit des Forschungszentrums für
landwirtschaftliche Entwicklung des Staatsrats. 1994 gründete er
das Chinazentrum für Wirtschaftsforschung an der Peking
Universität.
(China.org.cn, 7. März 2006)
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