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Beijing verschreibt sich Schönheitskur für Olympiade 2008

In den kommenden fünf Jahren wird die Regierung der Stadt Beijing insgesamt 600 Millionen Yuan (72,5 Mio. USD) in den Schutz ihrer Kulturstätten investieren, um die Stadt bei der Ausrichtung der "kulturellen Olympiade 2008" zu unterstützen. Zusätzlich zu den im Rahmen der Ausschreibung für die Olympischen Spiele bereits in den Schutz von Kulturstätten getätigten Investitionen in Höhe von 330 Millionen Yuan (40 Mio. USD) will die Beijinger Regierung noch einmal 1 Milliarde Yuan (121 Mio. USD) in derartige Projekte investieren. Diese Ausgaben der Stadt haben rund 4 Milliarden Yuan (484 Mio. USD) an zusätzlichen Investitionen von Kreisen und Bezirken sowie aus der Privatwirtschaft angezogen.

Experten haben jedoch Bedenken geäußert bezüglich der ordnungsgemäßen Verwendung dieser riesigen Geldsumme für die Renovierung, Restaurierung, den Schutz und die Sanierung der Kulturstätten. Sollte die Stadt weiterhin derart schnell Maßnahmen zur Behebung der Vernachlässigung einiger historischer Sehenswürdigkeiten ergreifen, wird sich die „Fehlerquote“ erhöhen.

Bis in die 1980er Jahre wurden in Beijing die Reste der Stadtmauern und viele Tortürme zerstört. In den 1990er Jahren führte der Bauwahn in der Stadt zur Zerstörung von Zunfthäusern, Hutongs (traditionellen Pekinger Wohnvierteln) und ehemaligen Anwesen berühmter Persönlichkeiten. Erst nach dem Jahr 2000 im Zuge der Vorbereitung auf die Olympischen Spiele und der damit verbundenen Anreise von Gästen aus aller Welt erkannte die Stadt, dass unzählige Zeugnisse ihrer 850 Jahre alten rühmlichen Geschichte als Hauptstadt bereits nicht mehr existieren. Daher begann eine großangelegte Restaurierungsaktion in der Stadt.

Von Mai 2000 bis Mai 2003 wurde in Beijing ein 330 Mio. Yuan schweres Projekt zur Rettung von kulturellen Sehenswürdigkeiten durchgeführt. Das Geld habe viele Sehenswürdikeiten Beijings vor einer Katastrophe bewahrt, meint Hou Zhaonian, Leiter des Beijinger Forschungsinstitutes für Antike Architektur.

Der „Plan zum Schutz der kulturellen Sehenswürdigkeiten für eine kulturelle Olympiade“ soll ab diesem Jahr durchgeführt werden. Gemäß dem Plan werden in den kommenden fünf Jahren insgesamt 600 Millionen Yuan in den Schutz der Kulturstätten fließen.

Das Motto des Projekts lautet "Restaurierung der Sehenswürdigkeiten entlang der zwei Achsen - Restaurierung von fünf Arealen und sechs Kulturstätten". Mit den beiden Achsen sind die zentrale Nord-Süd-Achse, die die Verbotene Stadt teilt und die Ost-West-Linie zwischen Qianmen und Chaoyangmen, häufig auch als Chaobu-Straße bezeichnet, gemeint. Bei den "fünf Arealen" handelt es sich um den Shichahai-See, die alte Kaiserliche Schule, das Geschäftsviertel mit Läden für Azursteine, die Verbotene Stadt und die Straße mit dem alten Glocken- und Trommelturm. Die "sechs Kulturstätten" bezeichnen Sehenswürdigkeiten am Rande der Stadt, namentlich die Große Mauer, die Ming-Gräber, den alten Kanal Tongzhou, die historische Stätte Wanping und das Tempelgebiet im Westen Beijings.

Laut Wang Yuwei von der Abteilung für den Schutz von Kulturstätten des lokalen Denkmalschutzamts, besteht der Unterschied gegenüber früher darin, dass sich der Schutz von Kulturstätten in Beijing von der "bloßen Rettung" in Richtung einer wissenschaftlich ausgerichteten Renovierung, Restaurierung und Sanierung orientiert habe. Dabei habe eine Entwicklung von der Rettung einzelner Objekte hin zum Schutz des Gesamtbildes stattgefunden.

Zwischen der Gründung der Volksrepublik China im Jahr 1949 und der Einführung der Reform- und Öffnungspolitik in den 1980ern hat Beijing dem Schutz seiner Kulturstätten kaum Beachtung geschenkt. Während dieser Jahre wurden viele Kulturstätten sogar zerstört, ganz besonders inder Zeit der von Mao Zedong initiierten sogenannten „Kulturrevolution“. Von den 1980ern bis zum Jahr 2000 lag die jährlich für Kulturstätten ausgegebene Summe nicht über 9 Millionen Yuan (1,1 Mio. USD), was für den Schutz von 3.550 Kulturstätten und 2 Millionen Quadratmeter alter Architektur in der Hauptstadt eine geradezu lächerlich geringe Summe ist. Damit konnte lediglich der Einsturz der besagten Gebäude verhindert werden, so Hou Zhaonian.

Einige Gebäude seien nach schlechter Instandhaltung und unsachgemäßer Nutzung im Jahr 2000 dem Einsturz nahe gewesen. Nur die Investition der 330 Millionen Yuan habe deren Zerstörung verhindert.

Diese Investition war auch Beijings erster Versuch eines umfassenden Planes für den Schutz seiner historischen und kulturellen Stätten. Die Ausgaben der Stadtregierung zogen weitere 3 Milliarden Yuan an Investitionen von Kreis- und Bezirksregierungen sowie von den jeweiligen Nutzern der Stätten nach sich. Laut Hou, werden sämtliche Stätten auf Stadtebene bis 2003 einer Restaurierung unterzogen worden sein.

Der Winterpalast oder auch "Kaiserliche Palast der Herrscher Nachfolgender Dynastien" wurde vor 400 Jahren im heutigen Gebiet des Beihai-Parkes errichtet. Lange Zeit residierte dort die Beijinger Mittelschule Nr. 159. Doch im Jahr 2000 verlegte die Schule im Rahmen des Projektes ihren Sitz, so dass der Palast nach seiner Restaurierung nun wieder in alter Pracht erstrahlt.

Restauriert wurden auch das Yuewei-Haus, die ehemalige Residenz des Qing-Gelehrten Ji Yun (1724-1805), die Rote Villa in der Nähe des Beijinger Kunstmuseums und einstiger Sitz der Universität Beijing, der Tempel der Weißen Pagode, der Tempel des Feuergottes, die Houmen-Brücke und die Glocken- und Trommeltürme. Alle diese mehrere Hundert Jahre alten Orte befinden sich im Norden der Verbotenen Stadt.

Einst erklärte der Dichter Lin Yutang, dass eine Frau ohne Charakter durchaus Liebreiz haben könne, eine Stadt aber nicht. Im 21. Jahrhundert ist Beijing noch sehr weit entfernt von der Beschreibung des Architekturhistorikers Liang Sicheng, der Beijing als Ort mit traditionellem Flair und als besonders kostbares Meisterwerk schildert. Einer von Liangs Studenten, heute Professor an der Universität Qinghua, meint, dass eine einzige Kulturstätte, egal wie gut die Restaurierung sei, das Original niemals ersetzen könne.

Der Plan zum Schutz der kulturellen und historischen Sehenswürdigkeiten für die Olympischen Spiele 2008 will die Fehler der Vergangenheit ausgleichen.

Der 10. März 2004 war der offizielle Start des langgeplanten Wiederaufbaus des Yongdingmen-Stadttores. Am Südende der Zentralachse der Stadt gelegen war Yongdingmen während der Ming- und Qing-Dynastie (1368-1911) das größte und bedeutendste der sieben Tore der Außenstadt. Sein Wiederaufbau wird den südlichen Anfang der zentralen Nord-Süd-Achse wiederherstellen, Merkmal der alten Hauptstadt, das in vielen anderen Städten Asiens Nachahmung gefunden hat. Für dieses große Restaurierungsobjekt wird mit Kosten in Höhe von 19 Millionen Yuan (2,3 Mio. USD) gerechnet.

Die Stadtregierung von Beijing wird daneben auch die sechs UN-Weltkulturerbestätten, namentlich die Fundstätte des „Peking-Menschen“ in Zhoukoudian, die Große Mauer, die Verbotene Stadt, den Himmelstempel, den Sommerpalast und die Ming-Gräber in vollem Umfang restaurieren.

Die Renovierung des Zhenjue-Tempels in den Ruinen des Alten Sommerpalastes wird dem einstigen kaiserlichen Tempel zu seiner ursprünglichen Pracht verhelfen. Im Rahmen dieses Projektes wird der Tempel zum einzig vollständig restaurierten Gebäude, das sich am Originalaussehen des Alten Sommerpalastes orientiert.

Zur Reparatur bereits existierender Schäden und zum Schutz vor zukünftigem Schaden werden Arbeiten an den Kang- und Qing-Mausoleen verrichtet. Nach der Renovierung des Changchun-Tempels wird dieser zum Xuannan-Kulturmuseum umfunktioniert.

Das Jahr 2004 sei eine bedeutsames Jahr für die Renovierung der Sehenswürdigkeiten in Beijing, meint Hou Zhaonian. Das Projekt umfasse nicht nur die sechs Weltkulturerbestätten, sondern was noch wichtiger sei, auch einige Versuchsprojekte, wie beispielsweise den Neubau des Yongdingmen und des Wuying-Palastes in der Verbotenen Stadt. Die in diesem Jahr gemachten Erfahrungen werden direkten Einfluss auf die Entwicklung des Planes zum Schutz der Kulturstätten für die Olympiade 2008 nehmen.

Einige Experten befürchten jedoch, dass die Stadt nun in übereilten Maßnahmen, um die in den vergangenen Dekaden verlorene Zeit wettzumachen, zu schnell vorwärts strebt. Laut Han Yangru, fehlt es nicht an Geld. Nachholbedarf herrsche bei der Bewertung und Einschätzung von Kulturstätten, Experten und Technologien.

(China.org.cn, 22. April 2004)


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