Shanghai: Herausforderung für Expats |
Das Leben der Expats in Shanghai sei schnell und aufregend, ist eine weit verbreitete Ansicht. Aber Stadtteilzentren und Psychologen zeichnen ein weit weniger rosiges Bild. Es gibt zahlreiche Geschichten über harte Landungen und Kulturschocks. Sprachbarrieren, ungewohnte soziale Normen und ein fehlendes Unterstützungssystem können die Herausforderungen des Lebens und Arbeitens in Shanghai überwältigend erscheinen lassen. Die Folgen sind oft ernst: Angstzustände, geringes Selbstvertrauen und emotionale Verwirrung. Was eine schöne Gelegenheit sein könnte, Shanghai in seiner ganzen Vielfalt und Pracht zu erleben, kann zu einer deprimierenden und einsamen Erfahrung werden. Der Kulturschock den viele bewältigen müssen, wenn sie sich in dieser großen Stadt niederlassen, hat sowohl mentale als auch physiologische Auswirkungen. Der Körper befindet sich in einer Übergangsphase, für einige kann dieser Übergang strapaziös oder sogar schmerzvoll sein. Manche Expats empfinden zum Beispiel, dass sie niemanden haben, mit dem sie sprechen oder ihre Erfahrungen teilen können. In den letzten Jahren sind allerdings einige dringend notwendige Angebote für Hilfebedürftige entstanden. Annemieke Esmeijer ist Wirtschaftspsychologin und Ehe- und Familientherapeutin. Sie hilft Expats mit den vielen unterschiedlichen Problemen und Umständen klar zu kommen, die durch einen Umzug nach Shanghai entstehen. Einige Wahrheiten scheinen allerdings zu existieren: 1. Druck auf Ehe und Familie: Wie bleibt man ein Team? Wie regelt man sein hektisches Arbeitsleben? Und wie sein Privatleben? Ein Ehepartner mag unter großem Druck stehen, am Arbeitsplatz gut zu funktionieren. Ein anderer hat Probleme, das Familienleben aufrecht zu erhalten. 2. Depressionen oder Isolation: Wie kommt man in einer Stadt wie Shanghai zurecht? Wie hält man sich über Wasser? Was tut man gegen Einsamkeit? Manche empfinden es als schwierig, in einer derart dynamischen Umgebung Freundschaften aufzubauen. Andere fühlen sich deprimiert oder verloren angesichts einer Stadt die auf niemanden wartet. 3. Kinder und Jugendliche: Internationale Schulen beginnen gerade erst sich mit den Schülern zu beschäftigen, die mehr akademische oder emotionale Unterstützung benötigen. Andere glauben, es gebe nicht viele Möglichkeiten für Jugendlich am Wochenende "sicher" auszugehen. 4. Personen die ihre Karriere in eine neue Richtung lenken oder ganz von vorne beginnen wollen. 5. Eine Zunahme an Suchtproblemen. Auch Christina Showalter, Direktorin des Pudonger Gemeindebüros für Zentralshanghai, teilt die Erfahrungen Esmeijers. Sie sagt: "Einsamkeit entsteht oft aus der Sprachbarriere. Viele Expats haben zwar Fahrer, Haushälterinnen oder leben in großen Wohngebieten, aber ihnen fehlen persönliche Kontakte. Wenn sie sich nicht aus ihren Bereichen herausbegeben, stellen sie irgendwann fest, dass sie nicht am Leben der Gemeinschaft teilhaben." Ein weiteres Problem liegt im Bereich der Privatheit und der Notwendigkeit mit jemanden zu sprechen. Wenn der Ehemann viel vereisen muss oder wenn es Schwierigkeiten in der Ehe gibt, zögern viele Ehefrauen darüber zu sprechen oder nach Hilfe zu suchen, aus Angst die Arbeit ihres Mannes zu beeinflussen, indem sie sich jemanden gegenüber öffnen. Wie nimmt man die Herausforderungen an? Line Morkbak ist ein Experte in der Frage, wie man sich den Herausforderungen des Lebens in einem fremden Land gewachsen zeigt. Er ist Trainer und Berater für interkulturelle Fragen bei CultureCrossing (http://www.culturecrossing.dk/) und stellt aus seiner Heimat Oregon in den Vereinigten Staaten heraus Kenntnisse und Werkzeuge bereit, mit denen man sich in neuen Kulturen bewegen kann. Laut Morkbak empfinden viele Expats Einsamkeit und einen Identitätsverlust in fremden Ländern, da sie dort nicht länger das Gefühl haben, indem was sie tun gut zu sein. In Shanghai verlieren viele Expats das Empfinden dafür, wer sie sind und brauchen zumindest am Anfang meist selbst für einfache Dinge, wie zum Beispiel die Eröffnung eines Bankkontos, Hilfe. Morkbak empfiehlt den betroffenen Expats, so schnell es geht eine Identität aufzubauen und zu wissen, was im Leben am wichtigsten ist, um sich gut zu fühlen. Regelmäßig Tennis spielen, ein Haustier kaufen oder sich über seinen Beruf eine Identität zu verschaffen, könnte die Lösung sein. Am wichtigsten ist jedoch, an der neuen Kultur teilzunehmen und nicht bloß als Zuschauer daneben zu stehen. "Als Expat muss man die Touristenmentalität ablegen und sich auf lokalem Niveau engagieren. Nimmt man an der Alltagskultur teil, entwickelt man ein Dazugehörigkeitsgefühl", sagt Morkbak. Auch sei es wichtig, Umgang mit den lokalen Menschen zu pflegen, da dies dem Ausländer die Möglichkeit gebe, die sozialen Kodes zu verstehen. Wenn man in ein anderes Land zieht, kann es einem ganz schön die Augen öffnen, festzustellen, dass viele Vorstellungen mit denen man aufgewachsen ist, bloß kulturell bedingt sind. Ein abschließender Gedanke: "Sieht man sich Einsamkeit und Angstzuständen gegenüber, sollte man positiv und aktiv bleiben. Man sollte nicht vergessen: Anpassung braucht Zeit. Stehe neuen Herausforderungen geduldig gegenüber und das Rennen ist halb gewonnen." (China.org.cn, Shanghai Stars, 1. Dezember 2006)
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