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01. 12. 2010 | Druckversion | Artikel versenden| Kontakt |
Von Elke Lütke-Entrup, Beijing
Die studierte Wirtschaftssinologin und heutige Focus-Korrespondentin Anja Obst lebt seit 1998 in Beijing. Nun hat sie ein Buch über Fettnäpfchen geschrieben, in die Deutsche in China immer wieder treten. Im Gespräch mit China.org.cn erzählt sie von Diplomatie, Offenheit und interkulturellem Austausch.
Anja Obst
China.org.cn: Es gibt schon so viele deutsche Bücher über China und Sie leben schon so lange in Beijing, warum jetzt ein Buch?
Anja Obst: Das war Zufall. Der Verlag hat mich gefragt, ob ich Interesse habe, ein Buch zu schreiben und ich habe zugesagt. Sie hatten mich im Internet gefunden und angeschrieben.
Wo ergeben sich für Sie die meisten Fettnäpfchen?
Beim Thema Diplomatie. Ich bin oft nicht diplomatisch genug und brause auf, wenn jemand sagt, dass etwas nicht geht, jedenfalls, wenn es mir unlogisch erscheint. Mit Aufbrausen kommt man aber nicht weiter. Besser ist es, freundlich zu bleiben und gemeinsam eine Lösung zu suchen. Man muss denjenigen dazu bringen, dass er einen so mag, damit er das Unmögliche möglich macht.
Fällt Ihnen ein Beispiel ein?
Geld Abheben in der Bank. Man darf nur eine bestimme Summe abheben. Ich denke aber, das ist mein Geld und ich möchte soviel abheben, wie und wann ich will. Wenn ich freundlich bleibe, sagt mir die Bankangestellte, wie ich mehr Geld als erlaubt abheben kann. Wenn ich unfreundlich bin, lassen sie mich einfach auflaufen.
Und im Geschäftsleben?
Als ich in China ankam, habe ich für eine Firma gearbeitet, die importierte Möbel verkaufte. Unsere chinesischen Angestellten hatten die Angewohnheit, den Kunden immer hinterher zu laufen. Ich wollte ihnen beibringen, dass man das so in einem deutschen Laden nicht macht und habe sie immer wieder zusammen gepfiffen. Das war die falsche Vorgehensweise. Einen Chinesen bekommt man nicht dazu, etwas zu tun, indem man ihn kritisiert. Besser man zeigt ihm, wie er es anders machen kann. Ich habe in dem Moment meine Kompetenz selbst untergraben, weil ich kein Verständnis für die chinesische Kultur zeigte. Irgendwann haben die Angestellten mich nicht mehr ernst genommen.
Sie sind selbst Journalistin. Wie können die internationalen Medien dazu beitragen, dass es beim Zusammentreffen östlicher und westlicher Kulturen weniger Fettnäpfchen gibt?
Medien sollten Situationen so darstellen, wie sie sind, ohne sie zu interpretieren. Sie sind nicht dazu da, Fettnäpfchen zu verhindern. Ich möchte behaupten, dass jeder Mensch intelligent genug ist, zu verstehen, dass andere Länder andere Sitten haben. Darüber hinaus gibt es viele Chinesen, die im Westen studiert oder westliche Dinge angenommen haben, weil sie diese schön finden. Dann gibt es aber auch den "lao bai xing", den Chinesen, der nach Traditionen lebt. Jeder reagiert somit anders auf Ausländer.
In welches Fettnäpfchen dürfen Sie bei Ihrer journalistischen Arbeit in China keinesfalls treten?
Ein zu starres Bild von den Chinesen, ihrer Kultur und den Umständen zu haben, nicht offen genug zu sein, ist einseitig. Zu sagen, das ist ein korruptes Land, weil der Kader, mit dem ich gerade rede, korrupt ist, wäre ein Fehler. Ich muss auch verstehen, warum er korrupt wurde. Fehlende Offenheit ist ein Hauptfehler - eigentlich in jedem Land.
Quelle: german.china.org.cn
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