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01. 12. 2010 | Druckversion | Artikel versenden| Kontakt |
Sie selbst leben seit sechs Jahren in einem Hutong in Beijing, in dem es vor allem im Winter richtig kalt und ungemütlich werden kann. Warum?
Das ist für mich China. So kann man am besten Chinesen und deren Kultur begreifen. Ich bin nicht im Ausland, um beim deutschen Metzger einzukaufen, sondern um das Land kennen zu lernen. Ich freue mich trotzdem über die Möglichkeit, dort meine Wurst zu kaufen.
Sie schreiben in Ihrem Buch über Nachbarschaftskomitees, lokale Organisationseinheiten, die für Recht und Ordnung sorgen. Wie war ihre eigene Erfahrung damit?
Im meinem ersten Siheyuan, ein chinesisches Hofhaus, das mittlerweile abgerissen ist, standen die gleich eine Woche nach meinem Einzug vor der Tür und fragten mich, wie lange ich bleibe und ob ich verheiratet bin. Dann kamen sie eigentlich nur noch selten. Es gab einen Polizisten, der öfter vorbeikam, weil er um meine "Sicherheit" besorgt war. Er kam aber nur, wenn etwas politisch brisant war, zum Beispiel bei Unruhen in der Taiwanstraße. Er wusste, dass ich bei der ARD arbeite und wollte herausfinden, an was ich gerade arbeite. Ich konnte damals ehrlich antworten: "Ich bin die Sekretärin. Ich mache nur die Buchhaltung."
Im jetzigen Siheyuan klopfte es nur während der Volkszählung am 1. November an die Tür. Beide Frauen waren erschrocken, mich zu sehen, sagten nur "mei guan xi", was soviel heißt wie "ist schon gut", und gingen wieder. Ich wurde noch nicht einmal gezählt.
Was hat sich in den letzten zwölf Jahren in Bezug auf interkulturelles Miteinander von Chinesen und Deutschen verändert?
Viel. Was nicht zuletzt auch mit Wirtschaftswachstum zu tun hat. Chinesen und Deutsche sind offener geworden. Man akzeptiert sich eher als gleichberechtigt. Deutsche denken nicht mehr: "Den Markt kann ich ausbeuten", und Chinesen denken nicht mehr: "Denen schnappen wir die Technologie weg". Die Anzahl von Deutschen und Ausländern insgesamt ist in China gestiegen. Der Austausch ist enorm. Wirtschaftlich und politisch. Die meisten Deutschen, die hierher geschickt werden, werden für das Miteinander mit den Chinesen vorbereitet. Es gibt aber auch noch einige, die an deutschen Werten und Traditionen festhalten, was zu Konflikten führt. Ein paar denken sogar, sie stünden über den Chinesen. Das sehe ich überhaupt nicht so.
Was hält Sie an China?
China ist ein Land, das sich schnell verändert und entwickelt. Es ist einfach spannend. Was sich in den 17 Jahren, die ich mit China zu tun habe verändert hat, ist enorm. 1993/94 war ich das erste Mal hier. Das war das alte, sozialistische China mit strengen Kontrollen von Chinesen, die mit Ausländern zu tun hatten. Ich erinnere mich auch noch daran, als es den ersten Mars-Riegel in Dalian zu kaufen gab. Wie wir uns da gefreut haben. Es ist mittlerweile normal geworden, dass Chinesen mit Ausländern Kontakt haben. Dabei darf man aber die Unterschiede zwischen Stadt und Land nicht vergessen. In Deutschland ändern sich auch noch Dinge, aber nicht so viel Grundlegendes wie in China.
Der Fettnäpfchenführer CHINA, "Der Wink mit dem Hühnerfuß" von Anja Obst erschien im Oktober 2010 im Conbook Verlag.
Quelle: german.china.org.cn
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