Der Westen Chinas steht wie nie zuvor im Brennpunkt der
Weltöffentlichkeit. Seit April dieses Jahres sind innerhalb von
zwei Monaten Vertreter von mehr als 10 IT-Konzernen in Xi’an
eingetroffen, um dort Forschungs- und Entwicklungsbasen für neue
Produkte zu gründen.
Seit dem letzten Jahr haben mehrere multinationale Konzerne
Verbindungen mit dem Westen Chinas hergestellt. Dutzende von
Unternehmen, die zu den 500 größten der Welt zählen, haben bereits
in Chengdu, Chongqing und Xi’an investiert oder dort Vertretungen
errichtet. So wird beispielsweise ein Teil der
Telekommunikationsanlagen des finnischen Unternehmens Nokia in
Chongqing produziert. Die multinationalen Konzerne für technische
Erforschung und Entwicklung planen für die Zukunft noch größere
Investitionen in Chinas Westen.
Mehrere dieser Konzerne haben Westchina als Standort für
Entwicklungs- und Versuchsinstitute für neue Produkte bestimmt. IBM
arbeitet mit einer Investition von 200 Millionen US-Dollar mit dem
Software-Park Xi’an zusammen. Geplant ist, dort die größte und
modernste Anlage der Welt für Softwareentwicklung zu errichten. Mit
einer Investition von 680 Millionen Yuan will Hewlett Packard in
Xi’an das größte technische Erschließungszentrum Westchinas für
Internet-Geschäfte gründen. Motorola hat in Chengdu mehr als 10
Millionen US-Dollar investiert, um ein Entwicklungszentrum für
Netzwerksysteme zu errichten. Acht Unternehmen wie Samsung aus
Südkorea sowie Toshiba und Sanyo aus Japan haben Labors in der
Elektronikgruppe Changhong, Provinz Sichuan, eingerichtet. Ein
Zentrallabor von Philips befindet sich jetzt in Xi’an. Zur Zeit
nehmen mehrere IT-Superunternehmen wie Microsoft und Intel
ebenfalls in Xi’an Untersuchungen vor.
Experten sind der Ansicht, daß die Konzentration von Fachleuten in
den wichtigen westlichen Städten Chinas auf diese multinationalen
Konzerne eine große Anziehungskraft ausübt. In Xi’an, Chengdu und
Chongqing gibt es mehr als 1,3 Millionen hochqualifizierte
Fachleute, die in verschiedenen Bereichen arbeiten. Allein in Xi’an
sind 380 000 Fachleute in fast 40 Hochschulen, mehr als 140
Forschungsinstituten und Dutzenden von Labors tätig. Davon
beschäftigen sich über 25000 mit der Entwicklung von Software und
Netzwerk. Jährlich erzielen fast 7000 Studenten akademische Grade
im Bereich Computer und entsprechenden Fächern. Peter Kauck,
Generaldirektor der Halbleiterfirma Philips: „Das sind die
Fachleute, die wir brauchen“.
Pressemeldungen zufolge sind Fachleute im High-Tech-Bereich
weltweit gefragt. Immer mehr solche Experten aus
Entwicklungsländern werden von entwickelten Ländern angezogen. In
den USA wurde errechnet, daß dort in den nächsten fünf Jahren
jährlich rund 96 000 Computerexperten gebraucht werden, doch nur
ein Drittel davon kann von den USA selbst gestellt werden. Deshalb
wollen viele US-amerikanische Unternehmen in anderen Teilen der
Welt Forschungs- und Entwicklungsinstitutionen gründen. Bei der
Wahl des Standorts spielt das qualifizierte Personal die
bedeutendste Rolle. Das Software-Zentrum von IBM in Xi’an, das bald
fertiggestellt wird, kann gleichzeitig 1000 Unternehmen dienen.
Voraussichtlich in fünf Jahren werden ca. 20 000 Unternehmen die
Dienste dieses Zentrums nutzen. IBM hat mit mehreren Hochschulen
Westchinas Pläne ausgearbeitet, um das benötigte Personal gemeinsam
auszubilden. IBM hat außerdem vor, ebenfalls in Xi’an eine große
Ausbildungsbasis für Software zu errichten. Der Leiter des
Software-Parks von Xi’an sagt: „IBM hat seine eigenen Normen nach
China gebracht, und es wird immer mehr chinesische Softwareexperten
geben, die diese Normen akzeptieren und anwenden.“
Dazu Duan Ruichun, der stellvertretende Generalsekretär des
Ministeriums für Wissenschaft und Technik: „Es ist die konsequente
Politik vieler multinationaler Konzerne, durch eine Strategie der
Einheimisierung ihr Monopol auf technischem Gebiet zu halten. Ihr
weiteres Ziel besteht darin, den Marktanteil zu vergrößern. In der
letzten Zeit führen sie auch im Westen Chinas diese Strategie
durch. Natürlich können sich chinesische Unternehmen durch eine
Zusammenarbeit mit multinationalen Konzernen ebenfalls schnell
entwickeln.“
Vor die neuen Herausforderungen gestellt, sind chinesische
Unternehmer in Westchina optimistischer Ansicht. Ein Leiter der
Topu-Gruppe für Softwareentwicklung sagt: „Die Zusammenarbeit mit
multinationalen Konzernen kann die wirtschaftliche Entwicklung des
Westens sehr fördern, weil wir dadurch unser gewünschtes
qualifiziertes Personal ausbilden und unsere Produkte exportieren
können“.