Momentan sind Organressourcen für alle Krankenhäuser in China ein
schwieriges Problem. Immer mehr Patienten sterben, weil sie nicht
rechtzeitig Organe zur Transplantation erhalten können.
Selbstverständlich sollte die Organtransplantation nicht als der
einzige Grund für die Zulassung der Kriterien des Hirntodes
betrachtet werden. Das wäre zu engstirnig. Weitere Faktoren sollten
in Betracht gezogen werden wie der soziale Effekt der Zulassung des
Hirntodes, die damit einhergehenden gesetzlichen Veränderungen und
deren Auswirkungen auf die Gesellschaft.
Außerdem ist es notwendig festzulegen, daß die Organspende von
Hirntoten auf freiwilliger Basis geschehen muß.
Min Zhilian (Experte der Nierentransplantation und Professor des
Changzheng-Krankenhauses in Shanghai): Vom medizinischen Standpunkt
her gesehen, kann die Atemfunktion eines Menschen mit Hilfe
entsprechender Apparate aufrechterhalten werden. Gleichfalls kann
der Herzschlag durch Massage und bestimmte Medikamente
wiederhergestellt werden. Der Tod der Schädelnevrenzellen ist
jedoch nicht umkehrbar. Sobald die Gehirnnerven abgestorben sind,
sind alle Rettungsmaßnahmen vergeblich.
Die Legitimierung des Konzepts des Hirntodes ist für die
reibungslose Entwicklung der Organtransplantation von
entscheidender Bedeutung. Je früher ein Organ, das transplantiert
werden soll, aus dem Körper des Spenders nach dessen Atem- und
Zirkulationseinstellung entnommen wird, desto besser. Im
günstigsten Fall wird das Organ entfernt, wenn der Spender noch
Blutdruck hat. Die Überlebensrate der transplantierten Organe wird
damit höher sein. Daher wird die Nutzung von Organen von Hirntoten
das beste Resultat haben.
Zhu Jiye (stellvertretender Chef der Abteilung für Chirurgie des
Beijinger Volkskrankenhauses): Der vegetative Status und der
Gehirntod unterscheiden sich gravierend. Ein vegetativer Mensch hat
noch elektrische Aktivität im Gehirn und kann selbständig atmen,
schlafen und Nahrung verdauen. Ein Hirntoter hat hingegen mit der
Abwesenheit aller neurologischen Funktionen keine dieser Funktionen
mehr.
Im
allgemeinen ist es schwer verständlich, wie jemand, dessen Herz
weiter schlägt, gestorben sein kann. Wissenschaftlich ist der Tod
in drei Stufen unterteilt: Die erste ist der Hirntod -- keine
elektrische Aktivität im Gehirn, keine selbständige Atmung und
keine Reflexe, all diese Symptome sind nicht umkehrbar. Allerdings
kann es sein, daß das Herz weiter schlägt. Die zweite Stufe ist der
klinische Tod -- kein Herzschlag mehr, aber noch nicht völlig tot.
Die dritte Stufe ist der biologische Tod -- der Herzschlag hat seit
24 Stunden aufgehört und alle Zellen sind abgestorben. In der Tat
werden alle drei Stufen als Zustand des Todes betrachtet.
Was die Organtransplantation anbelangt, so kann dadurch für
Familienangehörige das Leben ihres verstorbenen Lieben in gewisser
Weise in einer noch lebenden Person fortgesetzt werden. Alle
Organe, die wir genutzt haben, sind aus Leichnamen entfernt worden,
und manche funktionieren noch in den Körpern von Lebenden. Viele
Menschen mußten jedoch sterben, weil sie die benötigten Organe
nicht bekommen konnten. In China, einschließlich Hong Kongs, muß
ein Patient, der eine neue Leber braucht, 1-2 Jahre warten. Solch
eine lange Wartezeit bedeutet für einen Patienten, der an Krebs
leidet, überhaupt keine Chance zu haben. Wenn die Gesetzgebung für
den Hirntod angenommen würde, könnten mehr und bessere Organe zur
Transplantation zur Verfügung gestellt werden.
Dies würde auch dazu beitragen, Geld einzusparen. Die ärztliche
Behandlung einer Person, die eigentlich tot ist, ist ein sinnloses
Investment, eine Verschwendung.
Liu Gexin (Leiter des Justizverifikationszentrums der Chinesischen
Universität für Politik- und Rechtswissenschaft): 1968 stellte die
Harvard Medical School vier Kriterien für die Hirntodbestimmung auf
-- völlige Bewußtlosigkeit bei allen Reizen, keine spontane
Muskelbewegung oder Atmung, keine Reflexe irgendeiner Art und ein
unverändert lineares Elektroenzephalogramm.
Diese vier Normen müssen innerhalb von 24 Stunden wiederholt
getestet werden. Nur wenn es keine Änderungen im Testergebnis gibt,
kann der Hirntod diagnostiziert werden. Ein Arzt, der diese Aufgabe
hat, muß hervorragend qualifiziert sein. Außerdem sollten konkrete
gesetzliche Bestimmungen in Betracht gezogen werden.
Die Zulassung des Konzepts über den Hirntod muß auch die
Haftungsbefreiung von Ärzten berücksichtigen. Auch der vom Arzt
gewählte Zeitpunkt der Einstellung der ärztlichen Behandlung ist
ein wichtiger Faktor. Wenn das Konzept, daß der Hirntod den Tod
bedeutet, zugelassen sein wird, werden einige Personen von
Patienten zu Leichnamen. Alle Rettungsmaßnahmen können dann
eingestellt werden und die betreffenden Ärzte tragen keine
Verantwortung mehr.