Wenn Sie Zeitungen und Zeitschriften oder gebrauchtes Schreibpapier
wegwerfen möchten, gehen Sie direkt zu einer gesonderten Mülltonne
oder einem Container für Altpapier. Was machen die Chinesen? Früher
wurde das Zeitungs- bzw. das Altpapier oft sorgfältig eingesammelt
und an die Recyclingstation verkauft. Denn damals waren die meisten
Menschen noch dazu gezwungen, ein sehr sparsames Leben zu führen.
Heute ist die Situation anders. Viele Menschen, die dank der
Verbesserung des Lebensstandards nicht jeden Pfennig zweimal
umdrehen müssen, bevor sie ihn ausgeben, werden aufgefordert,
umweltbewusst ihren anfallenden Haushaltsmüll zu entsorgen, bzw.
Altpapier zur Sammelstation zu bringen, wenn in deren Wohnvierteln
noch kein Mülltrennungssystem vorhanden ist. Aus dem Altpapier wird
dann Recyclingpapier produziert.
Der jährliche Papierverbrauch beträgt in China rund 35 Millionen
Tonnen. 3,5 Millionen Tonnen davon werden in der Hauptstadt Beijing
verbraucht. Das heißt, auch wenn nur 10% des Altpapiers recycelt
würde, ergäben sich in Beijing 350 000 Tonnen neu zu verwertendes
Papier. Was soll mit diesem Papier geschehen? Die Papierfabrik Nr.
7 ist landesweit bislang die erste und einzige Fabrik, die aus
Altpapier hochwertiges Druckpapier herstellen kann. Der leitende
Ingenieur der Fabrik, Xu Zhen, erklärt:
„Die Papierfabrik Nr. 7 war ein traditioneller Betrieb für
Herstellung von Stroh- und Holzbreipapier. Eine derartige
Produktion bringt erhebliche Umweltprobleme, wie
Wasserverschmutzung und Holzverschwendung mit sich. Auf Anordnung
des staatlichen Umweltamtes wurde die Produktion der Fabrik Ende
1998 eingestellt. Dadurch wurde die Wasserverschmutzung in der
Stadt sogar um 10% reduziert.“
Trotz der übermäßig hohen Produktionskosten für das hochwertige
Recyclingpapier wie Druckpapier hat die Fabrikleitung nach
sorgfältiger Untersuchung beschlossen, die Herstellung von wieder
verwertbarem Papier aufzunehmen. Allerdings konnte die Entscheidung
nicht mühelos getroffen werden. Immerhin wurden rund 300
Mitarbeiter nach dem technischen Umbau der Fabrik entlassen.
Der leitende Ingenieur Xu Zhen sieht in der neuen Produktion große
Perspektive:
„Unsere Produkte erschienen im Mai 2000 erstmals auf dem Markt.
Anfangs konnte in einem Monat nur knapp eine Tonne Recyclingpapier
verkauft werden. Inzwischen ist der Umsatz auf 100 bis 200 Tonnen
angestiegen. Unsere jährliche Produktionskapazität beträgt 50 000
bis 70 000 Tonnen - wir produzieren verschiedene Arten von
Druckpapier, Toilettenpapier, sowie auch Verpackungen.“
Auch die Stadtregierung unterstützt die Produktion und Nutzung des
umweltschonenden Recyclingpapiers. Landesweit war Beijing die erste
Stadt, die 1996 probeweise Restmüll, insbesondere Altpapier,
sortierte und sammelte. Hierzu der Angestellte Deng Jun aus der
zuständigen Abteilung der Stadtverwaltung:
„Im September 2000 erließ die städtische Regierung ein Dekret, in
dem festgelegt wurde, dass Behörden in allen Ebenen Recyclingpapier
zu benutzen haben, um sparsam mit Waldressourcen umzugehen und eine
Entwicklung zu neuem Umweltbewusstsein zu unterstützen. Inzwischen
sind in allen Stadtbezirken Beijings Sammelstellen für Altpapier
eingerichtet worden.“
Vom Oberbürgermeister bis zum Kleinkind, sozusagen quer durch die
gesamte Bevölkerung, werden alle darauf aufmerksam gemacht,
Recyclingpapier bewusst zu benutzen. Oberbürgermeister Liu Qi zum
Beispiel ließ seine Visitenkarten auf Recyclingpapier drucken. Und
in der Grundschule werden die Kinder aufgeklärt, dass durch die
Benutzung von etwa einer Tonne Recyclingpapier 50 Bäume gerettet
werden können. In der Tat werden mit der Produktion von zum
Beispiel 750 kg Recyclingpapier 100 Tonnen Wasser, 1,2 Tonnen Kohle
und 3 Kubikmeter Holz eingespart. Die Papierfabrik Nr. 7 hat
deshalb über zehn Tauschstellen in den verschiedenen Stadtbezirken
eingerichtet. Dort kann man Altpapier gegen Recyclingpapier oder
Bargeld umtauschen.
Deng Jun meint, das Dekret der Stadtregierung habe sich
bewährt:
„Ein Jahr nach der Einführung dieses Dekrets wurde die Nutzung von
wieder verwertbarem Papier überprüft. Rund 80% der Behörden folgten
dem entsprechenden Dekret und sammelten Altpapier, während die
Umsetzung in manchen Betrieben noch zu wünschen übrig lässt. Als
nächster Schritt soll noch in diesem Jahr in 250 Wohnvierteln der
Restmüll sortiert und eingesammelt werden.“
Allerdings gibt es noch viele Hindernisse, die der einheitlichen
Produktion und Nutzung von Recyclingpapier im Wege stehen. Zum
Beispiel bestehen bislang keine einheitliche Norm für die
Produktion von Recyclingpapier. Die Papierfabrik musste zu Beginn
die Standardregelungen für die Herstellung von Holzbreipapier
einhalten. Dies führte zu Qualitätsmängeln des Recyclingpapiers und
auch zu Beschwerden von Kunden. Die Fabrik hat deshalb eine
allseitige Verbesserung der Produktqualität durchgeführt und die
Betriebsnormen revidiert, indem man sie den internationalen Normen
näherbrachte. Das recycelte Papier, das nach dem neuen Verfahren
hergestellt wird ist von besserer Qualität und bereits auf dem
Markt.