Unlängst haben die Bewohner des Stadtviertels Jinyuchi von Beijing
– auf Deutsch etwa Goldfischteich – die Schlüssel für ihre neuen
Sozialwohnungen bekommen. Die meisten von ihnen verdienen nicht
viel und führen ein einfaches Leben. Für sie wäre eine
Eigentumswohnung zum normalen Handelspreis ein unerschwinglicher
Traum. Sie fühlen sich natürlich überglücklich, dass sie nun
trotzdem ein eigenes angenehmes Zuhause erhalten können.
Das Stadtviertel Jinyuchi wurde in den 60er Jahren gebaut. Die
Häuser wurden damals einfach und primitiv ausgestattet, und einige
sind inzwischen ziemlich verfallen. Zuo Tongshi, der seit langem im
Viertel wohnt, erzählt:
„Ich bin Anfang der 60er Jahre hierher eingezogen. Ich habe 3
Kinder. Unserer Familie standen damals insgesamt nur 23
Quadratmeter zur Verfügung, keine Küche, kein Badezimmer. Natürlich
wollen wir unsere Wohnbedingung verbessern. Aber ohne Beihilfen der
Regierung wäre das unmöglich.“
Die durchschnittliche Wohnfläche pro Haushalt in Jinyuchi lag vor
der Wohnungsreform bei 29 Quadratmetern. Die meisten Familien des
Wohnviertels führten ein ähnlich beengtes Leben wie die der Familie
Zuo. Für sie werden nun 4- bis 6stöckige neue Wohnhäuser gebaut,
insgesamt 42. Die gesamte Baufläche übertrifft 289 000
Quadratmeter. Dazu der Leiter der Abteilung für Wohnungsreform bei
der Verwaltung des Stadtbezirks Chongwen Yang Xuebin:
„Bei der ersten Bauphase werden 53 alte Häuser abgerissen –
betroffen sind 3055 Haushalte. Nach der Fertigstellung der neuen
Häuser werden diese Familien entweder wieder hier untergebracht zu
einem Quadratmeterpreis von 2017 Yuan oder gegen entsprechende
Zahlungen anderswo angesiedelt, zum Beispiel in der näheren
Umgebung der Stadt Beijing. Die durchschnittliche Wohnfläche jedes
Haushalts in dem neuen Wohnviertel Jinyuchi wird voraussichtlich
auf bis zu 77 Quadratmeter vergrößert, die Pro-Kopf-Wohnfläche
steigt auf über 27,6 Quadratmeter. Das ist weit mehr als das
geplante Ziel der Stadtregierung Beijings von durchschnittlich 18
Quadratmetern zum Ende des zehnten Fünf-Jahres-Planes 2005.“
Um
den Bewohnern des Stadtviertels Jinyuchi eine angenhmere Umgebung
zu bieten, wird ein Viertel des Wohngebietes mit Grünflächen
bedeckt. Die früheren Slums vor der Gründung der VR China, die der
berühmte Schriftsteller Lao She in seinem Drama „Longxügou“
geschildert hatte, erhalten heute ein neues Antlitz.
Der Bau von Sozialwohnungen ist ein wichtiger Bestandteil der
chinesischen Wohnungspolitik. Damit soll das Wohnrecht der sozial
schwachen Familien gewährleistet werden. Aber dieses Prinzip wurde
in den letzten Jahren nicht immer hundertprozentig so umgesetzt,
wie es eigentlich sein sollte. Ein Grund dafür war, dass der
Begriff „bedürftige Familie“ nicht klar definiert wurde. So konnten
manche Leute mit höherem Jahreseinkommen die Lücke für sich
ausnutzen - und so indirekt die Interessen der armen Leute
verletzen.
Die Nutzfläche einer Sozialwohnung beträgt in China normalerweise
ungefähr 60 Quadratmeter. Aber in der letzten Zeit werden auf dem
Beijinger Immobilienmarkt im Unterschied zu Städten wie Shanghai
oder Shenzhen mehr großräumige Wohnungen angeboten. Außerdem sind
diese Wohnungen mit Quadratmeterpreisen von zum Teil über 8000 Yuan
– das sind knapp 1200 Euro – viel zu teuer und angesichts der
Durchschnittsverhältnisse der Chinesen völlig unrealistisch. Frau
Feng Xu von der Planungsabteilung der Beijinger Städtebau GmbH
erläutert die Situation so:
„Marktwohnungen machten in den letzten Jahren den überwiegenden
Teil des Immobilienbaus unserer Firma aus. Und im Trend waren
damals großräumige Wohnungen, sodass auch die Sozialwohnungen
relativ groß waren. Doch derartige Wohnungen waren schwer zu
verkaufen. Was die meisten Menschen brauchen, sind immer noch
zweckmäßige Produkte zum vernünftigen Preis.“
Auf der unlängst in Beijing veranstalteten Frühlings-Wohnungsmesse
hieß es dazu, dass vor allem zwei- oder dreiräumige Wohnungen
gefragt sind. Auch Apartments mit gerade mal 18 Quadratmetern seien
weggegangen wie warme Semmeln und ganz schnell ausverkauft gewesen.
83,5% der Befragten meinten, Wohnungen mit Quadratmeterpreisen von
bis zu 5000 Yuan oder 700 Euro seien akzeptabel. Frau Feng Xu
bestätigt dies:
„Der Trend lautet gegenwärtig so: Preiswerte Wohnungen sind am
beliebtesten. Auch ganz teuere Wohnungen besitzen ihren eigenen
Kundenkreis. Am schwersten zu verkaufen sind Wohnungen zwischen
6000 bis 8000 Yuan pro Quadratmeter. Die Immobiliengesellschaften
müssen deshalb ihre Strategien neu ausrichten und besser
planen.“
Aber Frau Feng Xu sieht die Entwicklung des Immobilienmarktes
optimistisch. Sie meint, die Masse der Durchschnittsbürger bilde
den größten Teil der Konsumenten auf dem Immobilienmarkt - und
dieser Kundenkreis dürfe niemals übersehen werden. Dank der
Erhöhung des Lebensstandards der Chinesen werde der Immobilienmarkt
sicher einen noch größeren Boom erleben.