Einklang bei der Erschließung Westchinas
Am 4. Juli wurde im Rahmen des Gastransportprojektes von West- nach
Ostchina der Bau einer Pipeline offiziell in Angriff genommen. Die
tausende Kilometer lange Röhre mit riesigem Durchmesser wird sich
in zwei Jahren vom Tarim-Becken im Uigurischen Autonomen Gebiet
Xinjiang bis zur Ortschaft Baihe bei Shanghai erstrecken. Damit
entsteht eine große Schlagader des Energietransportes in China, die
quer durch das Land läuft. Die Region im Yangtse-Delta, das schon
seit langem unter Energiemangel leidet, wird in absehbarer Zeit mit
sauberem und effektivem Erdgas versorgt werden. In der heutigen
Sendung haben wir den Vize-Generalmanager der Chinesischen
Petroleumgesellschaft, Herrn Wu Hong, zu Gast im Studio. Er wird
allgemeine Fragen zum Gastransport in China beantworten.
Die Erdgasvorkommen in Westchina haben mit 22,400 Milliarden
Kubikmetern einen Anteil von 59 Prozent der gesamten Vorkommen
Chinas. Nach mehrjähriger geologischer Erschließung sind
mittlerweile im Tarim-Becken, Chaidam-Becken,
Shaanxi-Gansu-Ningxia-Becken und Sichuan-Chongqing-Becken insgesamt
vier Gasfelder entstanden. Bis Ende 2001 hatten die Geologen in
diesen Gebieten ergiebige Vorkommen mit insgesamt mehr als 25,000
Millarden Kubikmetern Erdgas entdeckt. Pro Jahr werden
voraussichtlich insgesamt 18 Milliarden Kubikmeter Erdgas gefördert
werden. Was war eigentlich der Grund, so ein ehrgeiziges
Gastransportprojekt zu starten? Dazu der Vize-Generalmanager der
Chinesischen Petroleumgesellschaft, Herr Wu Hong:“Das Bauprojekt
basiert auf den Plänen zur Erschließung Westchinas. Ziel ist dabei,
die reichen Erdgasvorkommen in Westchina in die wirtschaftlich
höher entwickelten östlichen Gebiete zu transportieren und die
Vorteile der Ressourcen in wirtschaftliche Vorteile umzuwandeln.
Das ist zugleich ein Meilenstein in der Geschichte der chinesischen
Erdgasindustrie. Das Projekt wird die Entwicklung der betroffenen
Branchen fördern, darunter die Metallindustrie und den
Maschinenbau. Auch zeigt dies die Erhöhung des Lebensniveaus der
Bevölkerung und des allgemeinen Potentials in China. In den
östlichen Gebieten ist die Struktur des Energieverbrauchs äußerst
ineffektiv, was die Umwelt, die Gesellschaft und die
Energieversorgung zunehmend belastet. Der Transport von sauberen
Energierohstoffen aus Westchina in den Osten wird eine nachhaltige
und ausgewogene Entwicklung des Landes sowie den Umweltschutz
fördern.”
Im
Rahmen des Gastransportsprojektes beginnt die Pipeline am
Erdgasfeld Lunnan im Tarim-Becken im autonomen Gebiet Xinjiang,
verläuft dann von Westen nach Osten quer durch das Land, und das
über 10 Provinzen und autonome Gebiete, darunter Gansu, Ningxia,
Shaanxi, Shanxi, Henan, Anhui, Jiangsu, Zhejiang und Shanghai. Die
Gesamtlänge der Pipeline beträgt 4000 km, der Durchmesser 40 Inch.
Schätzungsweise beläuft sich das Gesamtinvestitionsvolumen auf 140
Milliarden Yuan. Davon entfallen 40 Milliarden allein auf den Bau
der Pipelines.
Aufgrund der hohen wirtschaftlichen Effizienz und der guten
Perspektiven fand das Projekt großes Interesse bei ausländischen
Firmen. Vom Staat wurde deshalb eine Richtlinie mit dem Titel
„Öffnung der ganzen Linie und allseitige Zusammenarbeit mit dem
Ausland“ erarbeitet. In den letzten beiden Jahren haben sich in-
und ausländische Kooperationspartner auf Art und Frist der
Zusammenarbeit sowie Beteiligungsverhältnisse geeinigt. Am 4. Juli
2002 wurde schließlich ein Rahmenabkommen über ein Joint Venture im
Gastransportsprojekt unterzeichnet. Vertragspartner sind die
Chinesische Petroleumgesellschaft, die Chinesische Gesellschaft für
Petroleum und Chemie, die britisch-niederländische Firma Shell
sowie die amerikanische Firma Exxon/Mobil und die russische
Aktiengesellschaft für Gasindustrie. Die chinesische Seite besitzt
über die Hälfte der Aktien.
Dazu noch einmal Wu Hong:„Das Gastransportsprojekt ist
das größte Kooperationsprojekt mit dem Ausland seit Beginn der
Reformen und der Öffnung. Zugleich ist es ein konkretes Beispiel
für den wachsenden Eintritt namhafter internationaler Erdöl-Firmen
in den chinesischen Markt seit Chinas WTO-Beitritt. Dies zeigt, daß
Chinas Reform und Öffnungspolitik bereits weltweit Akzeptanz und
Anerkennung gefunden hat. Die ausländischen Firmen sind beim
Gastransportprojekt in allen Bereichen an der Verwaltung des
Projektes beteiligt. Nach Unterzeichnung des Rahmenabkommens wurde
ein Verwaltungskomitee für die Bewirtschaftung und Verwaltung des
Projektes gebildet. Schließlich wurde eine Kooperationsfirma für
die Pipelines und ein Joint-venture für den Vertrieb gegründet.
Derzeit bemühen wir uns darum, mit den ausländischen Firmen den
Vertrag auszuhandeln und gesetzliche Vorbereitungen zu
treffen.“
Auch dem Umweltschutz wurde im Laufe des Projektes von allen Seiten
große Aufmerksamkeit geschenkt. Vor Beginn wurde das Projekt streng
nach Umwelt und gesellschaftlichen Gesichtspunkten beurteilt. Dazu
wurde ein international anerkanntes gesundes, sicheres und
umweltfreundliches Verwaltungssystem errichtet. Auch beim Entwurf
und beim Bau der Pipeline wird dem Umweltschutz hinreichend
Beachtung geschenkt, so erklärt Wu Hong weiter:“Ein
Bauprojekt nimmt unvermeidlich gewissen Einfluss auf die Umwelt.
Unser Projekt ist jedoch ein Umweltschutzprojekt. Dabei müssen wir
uns Mühe geben, um die negativen Auswirkungen auf die Umwelt,
insbesondere auf das relativ sensible Ökosystem in den westlichen
Gebieten zu minimieren. Dies wurde auch im Bewertungsbericht des
staatlichen Hauptamtes für den Umweltschutz gefordert, woran wir
uns orientieren. Gleichzeitig wollen wir während des
Projektverlaufs das Problem unter zwei Aspekten bewältigen. Erstens
sollen sensible ökologische Gebiete von Bau verschont bleiben. Zum
Schutz der mehr als 80 Wildkamele im Binnenseegebiet Lop Nor in
Xinjiang haben wir die Route der Pipeline geändert. Dazu wurden 150
Millionen Yuan zusätzlich investiert, um die Pipelines um 15 km zu
verlängern. Die Naturschutzgebiete wurden bei der Planung des
Pipelineverlaufs berücksichtigt. In sensiblen Gebieten, die nicht
umgangen werden konnten, wie beispielsweise Abschnitte der Großen
Mauer und Wüstengebiete, werden strenge Kontrollmaßnahmen
ergriffen, um den Eingriff in die natürliche Landschaft zu
reduzieren. Zugleich sind im Projekthaushalt finanzielle Mittel für
die Wiederherstellung und Sanierung des Ökosystems in diesen
Gebieten vorgesehen. Die Maßnahmen wurden nach internationalen
Gepflogenheiten und Normen geplant und organisiert.”
Auf die Frage, wann das Projekt fertiggestellt werden soll und wie
groß künftig die Versorgungskapazität sein wird, antwortet Wu
Hong:“Nach unserem Plan gliedert sich das Gastransportprojekt in 2
Phasen. Von der Inbetriebnahme am 4. Juli 2002 bis Ende 2003 soll
der Bau im östlichen Abschnitt seinen Höhepunkt erreichen. Dabei
sollen die Pipelines von Jingbian in Shaanxi bis Shanghai verlegt
sein, insgesamt sind das 1500 km. Unser Ziel ist, bis Ende 2003 das
Erdgas nach Shanghai zu leiten und am 1. 1. 2004 die Stadt offziell
mit Erdgas zu versorgen. Bis Ende 2004 soll der westliche
Bauabschnitt, und zwar vom Öl- und Gasfeld Lunnan im Tarim-Becken
in Xinjiang bis Jingbian, fertiggestellt werden. Anfang 2005 sollte
die ganze Linie freigegeben werden. Was die jährliche
Versorgungskapazität angeht, soll sie im Jahre 2004 2,8 Milliarden
Kubikmeter erreichen, im Jahr 2005 8 Milliarden Kubikmeter, im Jahr
2006 10 Milliarden Kubikmeter und 2007 schließlich 12 Milliarden
Kubikmeter. Das ist die größte Kapazität, die wir zu erreichen
versuchen. Alle Zusatzprojekte sollten ebenfalls bis im Jahr 2007
fertiggestellt sein.”
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