Wenn Sie Chinesen fragen, welche Stadt Chinas ihrer Meinung nach
sich in diesen Jahren am schnellsten entwickelt, dann werden die
meisten Shanghai oder Shenzhen sagen. Diese beiden Städte sind
tatsächlich zum Synonym für moderne Städte in China geworden. Sie
gehen in großen Schritten voran und sind inzwischen internaitonale
Metropolen. Also schauen wir uns in unserem heutigen Programm in
Shanghai und Shenzhen um.
Shanghai ist eine Küstenstadt in Ostchina und inzwischen die größte
Industriestadt und das Finanzzentrum des Landes. Schon Anfang des
20. Jahrhunderts war Shanghai der wichtigste Investitionsstandort
in China. Aus jener Zeit stammen viele Gebäude im westlichen Stil
in Shanghai. Seit Beginn der Reform und Öffnung Chinas,
insbesondere in den letzten reichlich 10 Jahren, hat sich Shanghai
geradezu stürmisch entwickelt. Jeden Tag sind durchschnittlich 200
Mio. Yuan in Infrastruktur und Wohnungsbau in Shanghai geflossen.
Mit derartig riesigen Investitionen begann ein städtebaulicher
Boom. Nimmt man heute einen Stadtplan von Shanghai aus den frühen
90er Jahren zur hand, dann hilft der einem nicht mehr viel, denn
allzu vieles hat sich verändert. Einen besseren Überblick hat da
vom höchsten Gebäude Chinas in Shanghais Finanz- und Handelszentrum
Lujiazui, dem 420-Meter-hohen Jinmao-Turm, dem dritthöchsten
Gebäude der Welt.
Da
sieht man nämlich, dass bis auf ein paar vorsorglich erhaltenen
älteren Wohn- und Geschäftsgebäude keine Spuren aus der Zeit vor 10
Jahren mehr zu finden sind.
Der Vizeleiter des Shanghaier Verwaltungsbüros für Stadtplanung,
Tang Zhiping, ist zufrieden mit der Entwicklung Shanghais in den
letzten 10 Jahren. Er sagte:„Seit den 90er Jahren hat der Städtebau
in Shanghai große Fortschritte gemacht. Nehmen wir nur mal die
Infrastruktur der Stadt als Beispiel, die sich beträchtlich
verbessert hat. So sind die hartnäckigen Probleme, die seit langem
die Entwicklung der Stadt störten, bewältigt worden. Früher konnte
den Stadtbewohnern die Wasser- und Stromversorgung zu Spitzenzeiten
des Energieverbrauchs im Sommer nicht garantiert werden. Heutzutage
gibt es Überschüsse an Wasser, Strom und Gas. Die Veränderungen in
Verkehrswesen sind noch größer. Viele Shanghaier erinnern sich noch
an das Gedrängel in den Bussen. Inzwischen haben wir einen Außen-
und einen inneren Stadtautobahnring sowie eine U-Bahn und eine
Hochbahn gebaut, und das entspannte die Verkehrsstaus sehr.“
Shanghai besitzt inzwischen nicht nur ein entwickeltes städtisches
Straßennetz sowie ein U- und Stadtbahnnetz, zur Zeit wird dort auch
die Magnetschwebebahn Transrapid als erste dieser Art in China
gebaut.
Auch die Telekommunikation in Shanghai entwickelte sich stürmisch.
Gegenwärtig kommen auf 100 Shanghaier 95 Festnetz- und 48
Mobiltelefone. Diese Zahl ist ein Spitzenwert in China. Und
inzwischen haben auch normale Haushalte einen
Breitband-Internetanschluss.
Howard Ward stammt aush Großbritannien. 1994 kam er zum ersten Mal
nach Shanghai, und die Stadt wirkte auf ihn ziemlich chaotisch und
durcheinander. Überall sah es aus wie auf einer Baustelle.
Inzwischen hat er 4 Jahre in Shanghai gelebt, und damit hat er auch
einen anderen Eindruck von Shanghai:„Meiner Meinung nach ist
Shanghai die internationalste Stadt der Welt. Hier können Sie
Menschen von verschiedenen Nationalitäten finden, noch mehr als in
Paris, New York oder in Tokio. Die internationale Bevölkerung aus
den USA, aus Europa, Süd-Amerika, dem Nahen Osten und aus
Südostasien sowie Neuseeland ist die Besonderheit Shanghais, denke
ich..“
In
diesen Jahren hat die Shanghaier Stadtverwaltung zudem viel Geld
für die Umwelt ausgegeben. Zahlreiche Grünanlagen entstanden. Bis
zum Jahresende sollen auf jeden Shanghaier 7 qm Gründfläche kommen.
Vor 50 Jahren war es 0,1 qm....
Im
Vergleich zu Shanghai ist Shenzhen eine neue Stadt. Die gerade erst
2 jahrzehnte alte Stadt Shenzhen wurde einmal als Stadt bezeichnet,
die über Nacht aus dem Boden geschossen ist.
Shenzhen liegt in der südchinesischen Provinz Guangdong und grenzt
unmittelbar an Hongkong. In dieser besonderen Lage spielte die
Stadt Shenzhen von Anfang an eine wichtige Rolle in der Reform und
Öffnung Chinas. 1980 beschloss die chinesische Regierung, in
Shenzhen probeweise eine Sonderwirtschaftszone einzurichten. Dort
wurden sozusagen als Test für die Reform und Öffnung Erfahrungen
der Wirtschaftsentwicklung in Hongkong übernommen. Die Stadt
Shenzhen entwickelte sich aus einem Fischerdorf auf einer Fläche
von nur 2 qkm. Die später berühmt gewordene Industriezone Shekou
war damals noch ein von Unkraut überwuchertes und verwildertes
Ödland. Die Zentralregierung stellte für die Industriezone Shekou
kein Finanzmittel zur Verfügung, erklärte das Gebiet für fünf Jahre
zur steuerfreien Oase. Die Investoren standen Schlange, und nach
nur einem Jahr gab es die ersten Betriebe in Shekou. Der Aufschwung
dort sorgre für Aufschwung in Shenzhen. So wurde aus einer kleinen
Landgemeinde in Südchina mit 20.000 Einwohnern und einer 100 Meter
langen Dorfstrasse eine Stadt mit einem dichten Straßennetz, mit
Grünanlagen und Hochhäusern – und die Bevölkerung wuchs auf über 7
Millionen.
Der Vizeleiter des Shenzhener Amtes für Stadtplanung und
staatlichen Grundbesitz, Wang Peng:„Shenzhen ist eine aus dem
Nichts heraus gewachsene Stadt - ganz anders als Beijing oder
Shanghai. Shenzhen entwickelte sich parallel mit der Reform und
Öffnung Chinas. Trotz der kurzen Entwicklungsgeschichte von 22
Jahren besitzt Shenzhen inzwischen alle Voraussetzungen einer
internationalen Stadt.“
Städtebaulich wurde in Shenzhen von Anfang an die Harmonie zwischen
Menschen und Natur besonders berücksichtigt. Zwischen vielen
Vierteln und schönen Garten können die Einwohner in Shenzhen zu Fuß
gehen, kaum ein Weg ist länger als 20 Minuten. Shenzhen wurde
deshalb im Jahr 2000 von einer internationalen Jury als Gartenstadt
ausgezeichnet.
Dazu der Leiter des Forschungsinstituts für Stadtplanung in
Shenzhen, Wang Anfu:„Shenzhen ist eine aus dem Nichts heraus
gewachsene Stadt - ganz anders als Beijing oder Shanghai. Shenzhen
entwickelte sich parallel mit der Reform und Öffnung Chinas. Trotz
der kurzen Entwicklungsgeschichte von 22 Jahren besitzt Shenzhen
inzwischen alle Voraussetzungen einer internationalen Stadt.“
Liebe Hörer, Shanghai und Shenzhen stehen für zwei unterschiedliche
Urbanisierungsmodelle, für zwei unterschiedliche hochmoderne Städte
in China. Und weitere Städte – alte wie neue – werden diesen beiden
Sätdten folgen auf dem Weg in eine moderne Zukunft.