Das Fördergebiet Daqing in der nordostchinesischen Provinz
Heilongjiang ist das größte Ölfeld in China. Seit Förderbeginn 1959
hat Daqing zur regionalen wirtschaftlichen Prosperität, zum
Aufschwung der chinesischen Erdölindustrie und zur gesunden
Entwicklung der chinesischen Volkeswirtschaft insgesamt
beigetragen.
Dabei gilt die Jahresfördermenge von mehr als 50 Millionen Tonnen
in den vergangenen 27 Jahren in Folge als ein Wunder in der
Geschichte der Erschließung derartiger Ölfelder weltweit.
Allerdings ist Daqing inzwischen - wie andere große Fördergebiete
in der Welt – mit einem beginnenden Versiegen der Ressourcen
konfrontiert.
Was also wird man in Daqing tun, wenn die Erdölvorräte erschöpft
sind? Welche Alternativen hat die traditionelle chinesische Basis
der Erdölindustrie unter veränderten Bedingungen?
Ölfelder von der Größe Daqings können im internationalen Vergleich
ihre jährlichen Spitzenfördermengen nur für 3 bis 5 oder maximal 12
Jahre halten, danach gehen die Quoten herunter. Im Unterschied dazu
lag die jährliche Fördermenge im Daqing-Ölfeld seit 1976 in 27
Jahren in Folge jeweils bei 50 Millionen Tonnen. Dabei lieferte
Daqing in diesem Zeitraum 47% allen in China geförderten
Erdöls.
Inzwischen haben sich allerdings die Abbaubedingungen durch die
ununterbrochene Förderung der vergangenen Jahrzehnte verändert. Die
Vorräte nähern sich ihrem Ende, das Feld ist also erschöpft,
zugleich erreicht die Qualität des inzwischen geförderten Öls
längst nicht mehr die Werte vergangener Jahre: Der Wassergehalt des
Erdöls in Daqing hat rund 90% erreicht. Wenn man unter diesen
Bedingungen in Daqing weiterhin versuchen würde, die maximalen
Förderquoten der vergangenen Jahrzehnte zu erreichen, würde dies
einerseits immense Kosten verursachen und andererseits immer
weniger anteiligen Gewinn abwerfen. Zudem hätte dies gravierende
ökologische Konsequenzen, die Lebensdauer des Ölfeldes würde weiter
reduziert.
Um
hier eine langfristige Entwicklung zu sichern, hat die Führung des
Ölfeldes Anfang 1999 eine Strategie für eine nachhaltige
Entwicklung durchgesetzt. Danach wurde die geplante Fördermenge im
laufenden Jahr um 1,2 Millionen Tonnen reduziert. Dies markiert den
Beginn einer nachhaltigen Entwicklung des Ölfeldes. Dazu der Chef
der Presse-Abteilung der Daqing-Ölfeld GmbH, Wang Pingtai:
„Für das Daqing-Ölfeld ist das eine schwierige Entscheidung.
Seitdem die jährliche Erdöl-Förderung in Daqing 1976 zum ersten Mal
die 50-Millionen-Tonnen-Marke überschritten hat, ist die
Jahresproduktion in jedem der vergangenen Jahre erhöht worden, und
die Daqinger waren natürlich auch immer stolz auf die steigende
Produktions-Kurve in der statistischen Tabelle.“
Jetzt wurde nun die Förderung gesenkt – wie Wang Pingtai
hervorhebt, zum ersten Mal in der Geschichte des Daqing-Ölfeldes.
So hätten eigentlich auch 1999 im Ölfeld Daqing wieder einige neue
Produktionsrekorde aufgestellt werden können. Andererseits habe man
sich aber entschlossen, stattdessen eine strategische
Strukturwandel in der Erdölindustrie einzuleiten - beginnend bei
der Förderung. Diese wichtige Wende in der Geschichte des
Daqing-Ölfeldes schuf günstige Voraussetzungen für die nachhaltige
Entwicklung des Ölfeldes.
So
wurde die Fördermenge in den vergangenen 4 Jahren jeweils gesenkt.
Zugleich wurden Maßnehmen getroffen, den Kern des Unternehmens
überlebensfähiger zu machen. Dies wiederum zahlte sich in
wachsenden wirtschaftlichen Gewinnen aus.
Was macht nun im Einzelnen eine nachhaltige Entwicklung aus? Oder
ist es nur ein Schlagwort? Was also steckt dahinter? Antworten gibt
Wang Pingtai:
„Durch die Praxis in den vergangenen Jahren haben sich bei uns
einige Formen der nachhaltigen Entwicklung entwickelt. Ein
Beispiel: Technik statt Ressourcen. Das heißt, wir verbessern die
Technik, um die Ressourcen zu schonen und die Lebensdauer des
Ölfeldes zu verlängern.“
Nach Wang Pintai geht es danach um Strukturwandel,statt
Wachstum um jeden Preis. Das Ölfeld wird dabei mit Blick auf die
wachsende Rolle alternativer Energien die Struktur der Erdöl- und
Erdgaserschließung anpassen und verstärkt auf neue
Wachstumsfaktoren setzen.
Drittens geht es um Umwelt statt Maximalförderung. Das bedeutet den
Aufbau eines wenig umweltbelastenden „grünen“ Ölfeldes und damit
eine langfristige koordinierte Entwicklung zwischen der
Ressourcenerschließung und dem Umweltschutz.
Viertens steht das Prinzip „neue Räume in neuer Zeit“. Gemeint sind
neue marktwirtschaftliche Räume und Absatzmöglichkeiten jenseits
des Öls, was wiederum dazu beitragen wird, die Labensdauer des
Ölfeldes zu verlängern.
Dabei heißt es gelegentlich, dass der Wettbewerb im 21. Jahrhundert
im Kern ein Wettbewerb qualifizierter Experten sei. Genau hier
liegt eine der Stärken der Daqinger. Sie bilden zugleich auch einen
wichtigen Faktor für eine nachhaltige Entwicklung des Ölfeldes.
Deshalb hat das Daqing-Ölfeld trotz des keinesfalls bevorzugten
Standorts weitab von entwickelten Küstenregionen durch eine Reihe
von Sondervergünstigungen Hunderte Absolventen von berühmten
chinesischen Universitäten als Experten gewinnen können.
Insgesamt mehr als 55.000 Experten und Techniker geben Impulse für
eine weitere Entwicklung des Ölfeldes und bilden eine feste
Grundlage für die nachhaltige Entwicklung.
Dabei haben die Strategie „neue Räume in neuer Zeit“ und der
WTO-Beitritt Chinas dem Daqing-Ölfeld neue Möglichkeiten bei der
Erschließung neuer Märkte eröffnet. Darüber sagte Wang Pingtai
weiter:
„Wir haben inzwischen mit 2 multinationalen Erdölkonzernen
strategische kooperative Partnerschaftsabkommen unterzeichnet, und
einen Durchbruch auf 4 wichtige Zielmärkte erzielt - Zentralasien,
Südamerika, Nahost und Afrika. Derzeit haben wir
Dienstleistungsprojekte in Malaysia, dem Iran, Ägypten und
Russland.“
Darüber hinaus ist auch der Anteil inländischer Dienstleistungen
stabil gestiegen. Allein im Jahr 2001 wurden so neben den Einnahmen
aus der Erölförderung im Inland fast 86 Millionen Yuan durch
Dienstleistungen diverser Art erwirtschaftet. 72
Dienstleistungsabkommen im Wert von mehr als 100 Millionen Yuan
wurden unterzeichnet. Damit hat das Daqing-Ölfeld bei der
Erschließung von Märkten jenseits des Öls nicht nur den
Entwicklungsraum für das Ölfeld selbst erweitert, sondern auch die
Konkurrenzfähigkeit des Unternehmens verstärkt. Ein weltweit
modernes großes Ölfeld, das sich an den Anforderungen der modernen
Erdölindustrie in der gegenwärtigen Welt orientiert, wird mit Hilfe
der nachhaltigen Entwicklung sein frühes Ansehen in China wieder
gewinnen.